Domenico L.: Hier weint die Familie um das Mordopfer

Die Abendzeitung bei der Trauerfeier für Domenico L.: „Du hast die Würde der Frauen geschützt!“ Der Mann, der an der Isar erstochen wurde, wird unter großer Anteilnahme beigesetzt.
von  Nina Job
„Dein Lächeln ist mein Frieden“: Das Sterbebild von Domenico L.
„Dein Lächeln ist mein Frieden“: Das Sterbebild von Domenico L. © Nina Job

Die Abendzeitung bei der Trauerfeier für Domenico L.: „Du hast die Würde der Frauen geschützt!“ Der Mann, der an der Isar erstochen wurde, wird unter großer Anteilnahme beigesetzt.

 

Potenza - Die schlichte, betongraue Kirche aus den 60er Jahren kann all die Menschen gar nicht fassen, die gekommen sind, um von Domenico L. (31) Abschied zu nehmen. Dabei ist San Giovanni Bosco die größte Kirche in der auf einem Bergzug (819 m) gelegenen Stadt Potenza in der süditalienischen Provinz Basilicata.

Mit aufgespannten Schirmen strömen die Menschen durch den kalten Regen über die Piazza Cagliari. Überall in der Stadt hängen Bekanntmachungen an den Hauswänden, auf denen der tragische Tod von Domenico L. und der Termin des Trauergottesdienstes öffentlich gemacht werden. „Eine ganze Stadt nimmt Abschied“, sagt Bürgermeister Vito Santarsiero. Abschied von einem Sohn der Stadt, der in die Ferne ging, um zu studieren und die Welt zu entdecken.

Abschied von einem sehr gläubigen, jungen Mann, der in seiner Heimat vielen Jugendlichen zum Vorbild und Lehrer wurde, wie es sein geistiger Vater Don Angelo in seiner Predigt beschrieb. Domenico war das jüngste von vier Kindern. Seine beiden Brüder Paolo und Stefano brachten ihren toten Bruder letzte Woche aus München nach Hause. Wie es in Süditalien üblich ist, wurde der Sarg zunächst ins Elternhaus gebracht.

Dort, in der Via Giura, konnte die Familie am Freitag Abschied nehmen. Dicht gedrängt stehen die Menschen am Samstagnachmittag in der Kirche. Sie stehen im Mittelgang und neben den Sitzreihen bis hinaus auf den Vorplatz, sogar auf der Treppe singen Trauernde im Regen mit. Die Kirche gehört zum Salesianer-Orden, einer Glaubensgemeinschaft, die sich stark in der Jugendarbeit engagiert. Domenico war seit seiner Kindheit Mitglied und sehr aktiv in der Jugendarbeit. Er wurde zum Lehrer und Vorbild für viele Junge, erzählt sein geistlicher Vater Don Angelo in seiner Trauerrede. Er nennt ihn liebevoll „Domenichino“.

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In der ersten Reihe sitzen seine Geschwister mit Domenicos Verlobten (28), die mit ansehen musste, wie er am Dienstag vor einer Woche auf dem Isarradweg zwischen Museumsinsel und Deutschem Patentamt mit einem Stich ins Herz getötet wurde (AZ berichtete). Immer wieder nehmen die Geschwister die Verlobte in den Arm, versuchen, sich gegenseitig Trost zu spenden. Domenicos Mutter sitzt nicht bei der Familie in der ersten Reihe. Sie sitzt etwas abseits, von den Blicken der vielen Menschen geschützt. Carmela D. trägt eine Sauerstoffmaske, sie ist sehr krank. Erst vor wenigen Wochen wurde sie operiert.

Es ist der zweite schwere Schicksalsschlag für die Familie. Ihr Mann starb vor 16 Jahren bei einem Autounfall. „Ich weiß, dass ihr euch alle nach dem Warum fragt“, sagt der Priester. Es ist ganz still in der Kirche. Domenicos Tod habe eine Botschaft gehabt: „Du hast die Würde der Frauen geschützt“, sagt Don Angelo. Um 17 Uhr wird der mit weißen Rosen geschmückte Sarg aus der Kirche durch die Menschenmenge getragen. Als der Leichenwagen davon fährt, klatschen hunderte Menschen stumm – ein letzter Gruß für Domenicos letzte Reise. Am Sonntag wurde Domenico L. im engsten Familienkreis in einer Familienkapelle auf dem kleinen Friedhof in Filiano, 40 Autominuten von Potenza entfernt, bestattet. Dort liegt bereits sein Vater.

 

 

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