Dissonanzen zum 20. Geburtstag

München - Backstage-Jubiläum: Debatte über Auftritte vonNazi-Bands – Abriss und Neubau geplant
Eigentlich sollte Backstage-Chef Hans-Georg Stocker zum Feiern zumute sein. In diesen Tagen wird die Einrichtung für Punk-Partys und alternative Konzerte 20 Jahre alt. Doch eine Debatte über Auftritte von rechtsradikalen und schwulenfeindlichen Bands überschattet die Geburtstagsfeier.
„Mir geht das ganz schön unter die Haut“, sagt Stocker der AZ. Der 44-Jährige ist mies gelaunt, spricht vonHetzkampagnen, Erpressung und Populismus. Grund für den Ärger ist der Auftritt der umstrittenen Band „Frei.Wild“ Ende Dezember, den Stocker trotz Kritik aus dem Stadtrat nicht absagte.
Die Deutschrock-Band aus Südtirol hat viele Fans aus der Nazi-Szene. Vor etwa einem Jahr geriet das Backstage schon einmal in die Schlagzeilen, weil der Reggae-Künstler „Sizzla“ auftreten durfte, der bekannt ist für seine schwulenfeindlichen und gewaltverherrlichenden Texte.
„Diese Künstler sind eindeutig homophob. Ich fordere von Herrn Stocker, dass er so viel Verantwortung zeigt, und auch Bands aus der Grauzone nicht auftreten lässt, die die Menschenwürde verachten“, sagt Lydia Dietrich der AZ. Die Grünen- Stadträtin hatte versucht, das „Sizzla“-Konzert vom KVR verbieten zu lassen. Erfolglos.
„Das ist doch verkehrte Welt“, sagt Stocker und bezeichnet die jüngste Kritik als „plumpen Populismus“. Seit Bestehen predigen wir im Backstage, dass es für uns nicht auf Hautfarbe, Religion oder Sexualität ankommt“, sagt der 44-Jährige.
„Bands wie „Tocotronic“ bekommen schon anonyme Forderungen, nicht mehr im Backstage aufzutreten“, sagt Stocker. Das gehe sogar bis zur Erpressung.
Rückenstärkung bekommt der Backstage-Manager aus dem Bezirksausschuss Neuhausen- Nymphenburg: „Es ist absurd, diese Plattform für Subkultur in die rechte Ecke zu stellen, weil es seit 20 Jahren bewiesen hat, dass es alles andere als ein Nazi-Laden ist, sagt Georg Fichtner (FDP).
Bands aus der Grauzone werden im Backstage wohl weiter eine Bühne finden. Zwar soll kommende Woche ein Gespräch mit Stadträtin Dietrich für Klärung sorgen. Im Streitfall „Frei.Wild“ bleibt Stocker auf seiner Linie: „Das ist keine Nazi-Band. Wenn wir den Auftritt verbieten, stellen wir sie doch gerade in diese Ecke.“ Dietrich hingegen fordert „eine klare Richtlinie“.
Weil 2013 der Mietvertrag für den Grund an der Friedenheimer Brücke ausläuft, hat die Zukunft des neuen Kulturzentrums bereits begonnen. Stocker präsentierte am Dienstagabend erstmals die neuen Pläne: Wie eine Raumstation aus Beton mutet das sechsstöckigeGebäude in der 3D-Simulation an. Halle, Club und Werk des Backstage sind dabei ins Untergeschoss verlegt. Vermietbare Bandräume in einem Turm darüber. Die Entwürfe prüft jetzt die Stadt.