Disco-Chef: "München fehlt das Party-Feuer"
München - Party-König – diesen Titel hasst er. Klingt so alt, uncool und unseriös. Wie ein Gebrauchtwarenhändler. Und das ist er natürlich nicht: Nikias Hofmann (34) ist viel mehr. Er ist der Macher im Münchner Nachtleben, der Strippenzieher am Plattenteller.
Kaum jemand hat wie er die Stadt so stark verändert – zumindest in der Nacht. Mit der Geheimen Gesellschaft setzte der ehemalige Jura-Student auf Mundpropaganda. Mit dem Baby! erweckte er den Maximiliansplatz zu neuem Leben. Und mit dem Heart schuf er den derzeit angesagtesten Laden der Promis und Party-People. Im AZ-Gespräch erklärt Nikias Hofmann, warum er das Baby! schließt und München in einer Club-Krise steckt.
AZ: Lieber Nikias, Hand aufs Heart, pardon: Herz – warum schließt das Baby! wirklich?
NIKIAS HOFMANN: Da toben ja schon die wildesten Gerüchte. Zu wenig Umsatz, Streit mit meinen zwei Partnern – alles Schmarrn. Nach fünf Jahren ist eine perfekte Zeit, aufzuhören. Die Stadt verändert sich, man selbst verändert sich, deshalb müssen sich die Clubs auch verändern. Ich gehe ja auch nicht mehr dorthin, wo ich nach dem Abi gefeiert habe.
Niemand hört doch auf, wenn es gerade am besten läuft.
Ich schon. Das ist eine proaktive Entscheidung. Es darf kein Stillstand entstehen – schon gar nicht im Nachtleben. Leider sehen das in München die wenigsten so. In London oder Paris machen alle guten Clubs nach zwei Jahren zu. München ist da sehr langsam und traditionell. Überall befinden sich Dinosaurier-Clubs. Das P1 baut ständig um, die Reitschule besteht aus mehreren Locations, die Milchbar gibt es schon ewig. Wir wollen dagegen halten. Die Stadt ist zu genügsam.
Dabei hat man derzeit das Gefühl, in München so viele Clubs wie nie zuvor zu haben.
Stimmt. Es gibt unfassbar viele Clubs, aber keine guten. Es ist zu viel passiert und deshalb gibt es keine konzentrierte Szene mehr. Ich habe das Gefühl, dass alle auf der Suche nach dem perfekten Club sind. Die Leute verbringen mehr Zeit im Taxi als in einem Club.
Steckt München in einer Club-Krise?
München fehlt das Party-Feuer. Die Stadt ist träge geworden. Leider. Und das obwohl München eine riesige Feier-Stadt ist. Nirgendwo wollen die Leute so viel weggehen wie hier.
Was ist das Party-Problem?
Die Clubs sind fast alle in Studentenhand, im Billigsegment. Wir sind dagegen sehr hochpreisig. Ständig findet irgendwo ein Club-Opening statt – dabei sollte sich die Stadt lieber gesund schrumpfen. Wenn ich Freunde aus New York da habe, weiß ich trotz der Auswahl nicht, wo ich sie hinschicken soll. Wo es sexy, cool, frisch, anders ist.
Vielleicht ins Heart?
Nee, ich kann ja nicht alle nur in meine Läden schicken. Das Heart ist eh kein richtiger Club. Es hat ein Restaurant, eine große Bar. Einen außergewöhnlichen Club gibt es nicht – einer, der mehr ist, als ein Kellerraum mit dunklen Wänden und Getränken. Wo ich Leute über 28 ohne schlechtes Gewissen hinschicken kann.
Ist das Münchner Nachtleben zu jung geworden?
Das Hauptweggeh-Alter liegt zwischen 18 und 28. Echt schade. Die Älteren wollen sich nicht mit den Jüngeren mischen und wissen noch weniger, wo sie feiern können. Die meisten gehen nur noch in Restaurants wie das H’ugo’s – da wird später die Musik lauter und das ist für sie ja dann quasi wie Weggehen. Wir brauchen mehr Clubs für alle über 28!
Darum kümmern Sie sich als Ü28ler jetzt persönlich?
Das Nachtleben muss spannender werden und das probieren wir mit unserem neuen Club, der 2012 eröffnen wird, zu schaffen.
Wo, wie, was?
Noch streng geheim, sorry. Da viele das Heart kopieren, müssen wir nach vorne schauen. Außerdem plane ich einen temporären Club, der nur vier bis sechs Wochen läuft. Dort, wo es niemand erwartet, soll getanzt werden. Auch ab 28.
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