"Diner en blanc": Feiner Flashmob ohne Saubären

Am Odeonsplatz haben sich 500 Menschen zum gemeinsamen Dinner getroffen. Im Geheimen geplant – und ganz in Weiß  
von  Michael Graeter

Am Odeonsplatz haben sich 500 Menschen zum gemeinsamen Dinner getroffen. Im Geheimen geplant – und ganz in Weiß

MÜNCHEN - Zunächst sah es nach Flohmarkt aus, was sich vor der Münchner Oper zusammenbraute. Tische, Kerzenständer und Stühle wurden herangeschleppt. Auf Gepäckwagen schoben weißgedresste Männer und Frauen – ein lustiges Völkchen, das sich erst an dem Abend kennenlernte – weiteren Hausrat auf den Platz. Neuankömmlinge trugen Körbe mit Proviant oder hatten große Melonen und Schüsseln mit Obst im Arm. In reißfesten „Ikea“-Tragtaschen voller Eis lagen Getränke.

„Diner en blanc“ hieß das Zauberwort. Fast keiner der unisono weißgekleideten 500 Gäste wusste was vom anderen, alles war geheim. Das machte die Surprise-Party reizvoll, die per Facebook ähnlich wie vor kurzem Horst SeehofersP1“-Fest organisiert wurde. Der Max-Joseph-Platz war Sammelpunkt, und erst um 20 Uhr ging’s per Pfiff weiter zur Feldherrnhalle, wo das große Schnabulieren des mitgebrachten Menues stattfand.

Jedenfalls war das Diner auf öffentlichem Grund mit bewegter Geschichte ungewöhnlich und hatte etwas Verbotenes. Ein anonymer „Colonel“ (ich kenne das nur als Drink) war der elektronische Strippenzieher. Der Deckname führte allerdings dazu, dass mancher Held von Facebook, dem Rampenlicht der grauen Mäuse, sich den Organisations-Schuh anzog, obwohl er nichts damit am Hut hatte.

Die Stimmung war riesig. Den Großteil der Gäste bildeten nette Leute mit Sinn für Lifestyle, Ärzte, Unternehmer, Künstler. Dass keine Saubären da waren, merkte man, weil zum Schluss alles brav wegräumt und kein Müllplatz hinterlassen wurde, wie das an der Isar leider gang und gäbe ist.

 

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.