Digitale Verwaltung: Wann kommt die App zum Mitregieren?

Die Stadt feilt an ihrer Digital-Strategie – doch richtig schnell geht es damit nicht voran. Viele andere Kommunen sind schon deutlich weiter.
Kein lästiges Schlangestehen mehr, keine Zettelwirtschaft – ein Behördengang in zwei Minuten. So soll das in Zukunft aussehen. Die Stadt bastelt deshalb derzeit an einer neuen E-Government-Strategie. Den Grünen geht diese jedoch nicht weit genug.
Der Stadtrat wird heute den zweiten Teil dieser Münchner Digital-Strategie beschließen. Meldebescheinigungen soll man bald im Internet anfordern können, es geht um die Möglichkeit, Bauanträge online stellen zu können und um ein E-Payment-System. „Aber vor allem im Bereich Open Government wäre so viel mehr möglich“, sagt Florian Roth, der Fraktionschef der Rathaus-Grünen. Die jetzt vorgeschlagenen Maßnahmen sind ihm jedenfalls nicht weitreichend genug.
Roth hat bei den Behörden eine „gewisse digitale Trägheit“ ausgemacht. „Die digitalen Möglichkeiten zwingen auch die Verwaltung dazu, sich neu zu erfinden“, sagt er. In einer wachsenden Stadt könne man nicht alles mit mehr Personal abdecken, „da muss man auch effektivere Strukturen schaffen“, sagt Roth.
Vorbild sind dabei ausgerechnet die Österreicher. In Wien wurden bislang schon 246 Datensätze im Internet veröffentlicht: Straßenkarten, Pläne vom Kanalnetz, Statistiken zur Bevölkerungsentwicklung und alles mögliche andere. Die Wiener haben aus diesen Daten allerlei Apps entwickelt: einen Toilettenfinder, ein Kurzparkzonen-Anzeiger, eine Immobilien-App mit einem Verzeichnis öffentlich geförderter Wohnungen.
„Wir wollten die Daten eigentlich auch veröffentlichen, damit die Leute etwas daraus machen können“, sagt Roth. Doch obwohl der Stadtrat bereits vor anderthalb Jahren einen entsprechenden Beschluss gefasst hat, sind bis heute keine Daten online verfügbar.
Ein paar digitale Dienste gibt es aber auch in München schon. Bei der Aktion „Bei Anruf Licht“ kann man im Internet defekte Straßenlampen oder Ampeln melden. Die Parkautomaten wollte die Stadt auch schon einmal mit einer Smartphone-Anwendung ersetzen. Und auch die von den Grünen vorgeschlagene App „FixMyStreet“ hat gute Chancen, verwirklicht zu werden. Mit diesem Handy-Programm soll man der Stadt Schlaglöcher, kaputte Laternen oder Schäden an Spielplätzen melden können. In Hamburg, Brüssel und Wien gibt es solche Apps bereits.
Die Liste der Grünen umfasst noch eine ganze Reihe weiterer Forderungen: Auf einem Transparenzportal im Internet sollen alle Verträge der Stadt, sämtliche Gutachten und Messdaten veröffentlicht werden. „Alles, was für den Bürger relevant ist, muss online gehen“, sagt Roth. Über Online-Umfragen sollen sich die Bürger zudem besser an der Stadtpolitik beteiligen und über Online-Petitionen auch den Stadtrat mal zwingen können, sich mit einem Thema zu beschäftigen.
Auch Behördengänge soll man so weit wie möglich im Internet erledigen können. „Alles, was keiner Beratung oder eines persönlichen Gesprächs bedarf, kann man auch online regeln“, sagt Roth. Vorbei wären dann die Zeiten, in denen man einen ganzen Vormittag im KVR damit zugebracht hat, eine neue Meldeadresse mitzuteilen.
Wie weit München von dieser digitalen Zukunft noch entfernt ist, zeigt allerdings ein jüngst getroffener Beschluss: Die Grünen hatten beantragt, den Mitschnitt der Stadtratssitzungen künftig sechs statt drei Wochen im Internet vorzuhalten. Der Antrag wurde abgelehnt. Mit digitaler Transparenz hat das freilich recht wenig zu tun.