Dieter Reiter: „Denen nicht das Feld überlassen!“
München - Um die 20 000 Münchner, die erneut gegen Rassismus, Hetze und Pegida aufstehen – OB Dieter Reiter (SPD) fand das „einfach nur großartig“.
„Ich bin so etwas von stolz, Oberbürgermeister dieser Stadt sein zu dürfen“, sagte er sichtlich gerührt.
Reiter sprach den Angehörigen der Pariser Terroropfer sein Mitgefühl aus und rief den Leuten auf dem Sendlinger-Tor-Platz ein „Nous sommes Charlie“ entgegen. „Wir stehen hier, weil wir das Feld nicht denen überlassen, die versuchen, unsere Gesellschaft zu spalten“, sagte der OB.
München sei eine bunte, vielfältige und tolerante Stadt. „Für dieses München, das wir lieben und in dem wir uns wohlfühlen, wollen wir Flagge zeigen“, so Reiter. „Wir stehen auf gegen jede Form von Rassismus, Antisemitismus und rechter Gewalt“, sagte er.
Reiter sprach den Leuten Mut zu: „Wir werden weiter für eine freie, demokratische und tolerante Gesellschaft aufstehen – für eine Gesellschaft ohne Angst.“
Der Münchner Bischofsvikar Rupert Graf zu Stolberg kritisierte in seiner Rede vor den Anti-Bagida-Demonstranten die selbst ernannten „Verteidiger des Abendlandes“, die versuchten, „gegen Menschen anderer Herkunft, anderer Hautfarbe oder anderer Religion“ zu mobilisieren, und damit „genau die Werte mit Füßen treten, die sich hinter dem Begriff Abendland verbergen und die sie angeblich verteidigen wollen“. Mit dem Abendland seien christliche Inhalte verbunden wie „Nächstenliebe, Gastfreundschaft, Solidarität gegenüber Schwächeren, Solidarität gegenüber Armen, Kranken, Flüchtlingen und Obdachlosen“, sagte Stolberg.
Das abendländische Menschenbild fuße auf der christlichen Überzeugung, „dass jeder Mensch Abbild Gottes ist“. Daher verbiete sich „jede Ausgrenzung und pauschale Verurteilung von Menschen, weil sie einer bestimmten Gruppe angehören, einen eigenen Glauben oder eine andere Hautfarbe haben“. AZ
Reiters Rede im Wortlaut:
„Es ist einfach großartig, dass auch heute wieder so viele Menschen hier sind, um ein weiteres Mal ein Zeichen zu setzen.
Bereits vor drei Wochen haben wir gezeigt, dass wir Münchner gegen Hass und menschenfeindliche Propaganda zusammenstehen.
Seitdem ist viel geschehen. In Frankreich wurden von skrupellosen Fanatikern 17 Menschen ermordet:
Mitarbeiter der Satirezeitschrift “Charlie Hebdo“, Polizisten und Angehörige der jüdischen Gemeinde von Paris.
Diese Anschläge waren nicht nur Anschläge auf die Meinungsfreiheit. Es waren auch Anschläge auf eine offene, vielfältige und demokratische Gesellschaft.
Eine Gesellschaft, in der Christen, Juden, Muslime und nicht-religiöse jeden Tag gemeinsam und friedlich ihr Leben leben.
Wir stehen heute hier, weil wir diese unsere Gesellschaft nur dann schützen können, wenn wir alle zusammen für unsere Werte und auch für einander einstehen.
Wir stehen hier, weil wir das Feld nicht denen überlassen, die versuchen unsere Gesellschaft zu spalten.+
Liveticker zum Nachlesen: Mindestens 20 000 Demonstranten - Sonnenstraße voll
Weil wir das Feld nicht denen überlassen, die für ihre menschenverachtende Ideologie eine ganze Religion als Geisel nehmen und Weil wir das Feld nicht denen überlassen, die Andere wegen deren Religion, Hautfarbe oder Herkunft diskriminieren und ausgrenzen.
Wir alle, Christen, Juden, Muslime, Menschen anderer Religionen oder ohne Religion, sind heute hier als Münchnerinnen und Münchner, als Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt, weil wir AUFSTEHEN!
Wir stehen AUF gegen den Versuch, Konfrontation und Konflikte herbeizureden, die es nicht gibt.
Worte vergiften das Klima, Täter fühlen sich in ihren Taten bestärkt.
Wir lassen uns durch Hass nicht spalten! Wir zeigen denjenigen, die versuchen, das Klima in unserer Stadtgesellschaft zu vergiften, dass wir das NICHT zulassen werden!
Wir stehen hier, um Flagge zu zeigen für DAS München, das wir lieben und in dem wir uns wohlfühlen:
DAS München, in dem jeder Mensch als Mensch zählt – Wir stehen hier, für ein buntes und vielfältiges, für ein tolerantes München!
Für ein München, in dem JEDE und JEDER denken, glauben und sagen kann, was er will, solange er die Würde der Anderen respektiert.
Wir stehen AUF, gegen jede Form von Rassismus, Antisemitismus und rechter Gewalt.
Jens Stoltenberg, der ehemalige norwegische Ministerpräsident hat nach den Anschlägen von Oslo und Utoya gesagt:
„Terroristen können unsere Demokratie und unser Engagement für eine bessere Welt nicht zerstören.
Noch sind wir geschockt, aber wir werden unsere Werte nicht aufgeben. Unsere Antwort auf Terror lautet:
mehr Demokratie, mehr Offenheit, mehr Menschlichkeit“
Genau das muss auch unsere Antwort in München sein.
Angst macht unfrei. Die Terroristen haben es auf unsere Freiheit abgesehen. Wenn wir Angst haben, haben sie gewonnen.
Wir werden gemeinsam unsere Angst überwinden und weiter für eine freie, eine demokratische und tolerante Gesellschaft aufstehen - für eine Gesellschaft ohne Angst.
Und in diesem Sinne rufen wir unseren französischen Freunden heute aus München zu:
Nous sommes Charlie
Ich danke Ihnen allen, ich danke Euch allen, dass Ihr heute wieder hierhergekommen seid.
Ein wunderbares Bild, ein deutliches Zeichen. Ich bin einfach nur stolz Oberbürgermeister dieser Stadt sein zu dürfen.“