Dieter Reiter: Das pack' ich 2015 alles an

Leerstand beseitigen, die zweite Strammstrecke voranbringen, das Auto der Zukunft erfinden - das sind die Pläne des OBs. Dieter Reiter im AZ-Interview.
AZ: Herr Oberbürgermeister, die ersten acht Monate Ihrer Amtszeit sind rum. Was haben Sie sich für 2015 vorgenommen?
Dieter Reiter: Sehr viel. Vor allem müssen in München mehr bezahlbare Wohnungen gebaut werden. Und natürlich gilt es, die Mieterinnen und Mieter zu schützen, die noch in bezahlbaren Wohnungen wohnen. Da helfen das Umwandlungsverbot und auch die vom Bund beschlossene Mietpreisbremse hoffentlich weiter. Zu einer guten Wohnungspolitik gehört natürlich auch, dass städtische Objekte nicht unnötig leer stehen.
Angesichts der Wohnungsnot in München kann und darf städtischer Leerstand nicht sein. Deshalb müssen wir schnell Zwischennutzungen ermöglichen, beziehungsweise abreißen und neu bauen. Da sind wir auf einem guten Weg.
Wie schaut es mit Neubauten aus?
Unser Ziel sind 7000 neue Wohnungen im Jahr – diese Zahl müssen wir auch zwingend erreichen. Dazu werden die Genehmigungsprozesse weiter optimiert. Natürlich baut die Stadt nicht alle Wohnungen selbst, deshalb will ich zum Beispiel Baugenossenschaften noch stärker fördern. Aber in München gibt es doch kaum mehr Platz. Das ist einer der Gründe, warum ich den Dialog mit den Umlandgemeinden intensivieren werde. Davon können beide Seiten profitieren: Wenn die Umland-Gemeinden mehr bezahlbare Wohnungen bauen, dann müssen wir ihnen bei der Planung und dem Ausbau der Infrastruktur entgegenkommen.
Es geht darum, mehr in Regionen zu denken und gemeinsame Herausforderungen auch gemeinsam zu lösen. Wir müssen in der Metropolregion München noch enger zusammenarbeiten. Die Metropolregion ist wichtig, aber da ist noch nicht genug Leben drin.
Was steht noch auf Ihrer Agenda?
Beim Verkehr müssen wir zukunftsfähige Lösungen entwickeln. Ideen, wie die Mobilitätsstation an der Münchner Freiheit, bei der man Fahrräder und Elektroautos mieten kann. Vorbild in Sachen Elektromobilität ist beispielsweise Oslo: Dort fahren mittlerweile zigtausende Elektroautos, weil sie bevorzugt parken können, eigene Fahrspuren haben und es zudem überall Gratis-Ladestationen gibt.
Da muss auch etwas passieren. Feinstaub, Stickstoffdioxid – da überschreitet München ja alle europäischen Grenzwerte. Deswegen sind Elektrofahrzeuge wichtig, die stoßen keine Schadstoffe aus. Ich will, dass künftig in München keine neue Tiefgarage mehr ohne Ladestationen für Elektrofahrzeuge geplant wird.
Bei der diesjährigen Eurocities-Tagung habe ich mit Siemens und BMW auch noch weitere neue Lösungen diskutiert. Da geht es zum Beispiel um intelligente Autos, die mit Ampeln kommunizieren können, damit der Verkehr fließen kann, oder neue Navigationssysteme, die den nächsten freien Parkplatz anzeigen. Auch Straßenlaternen, die gleichzeitig Ladestationen für Elektroautos sind, wurden vorgestellt. Wenn man davon in absehbarer Zeit einige hundert in München hätte...
...dann wäre das Feinstaub-Problem gelöst, meinen Sie?
Gelöst sicher nicht, aber ein Schritt in die richtige Richtung wäre getan. Für das Feinstaubproblem gibt es keine einfachen Patentrezepte. Wir brauchen viele verschiedene Maßnahmen, die miteinander kombiniert werden müssen.
Werden Sie Horst Seehofer auch im kommenden Jahr so oft treffen wie 2014. Gelegentlich hatte man den Eindruck: Da entsteht eine echte Männerfreundschaft.
(lacht) Naja, soweit würde ich nicht gleich gehen, aber wir haben uns in den vergangenen acht Monaten öfters gesehen. Mir geht es darum, für München das Beste zu erreichen – über alle Parteigrenzen hinweg. Es gibt ja durchaus einige Herausforderungen, die wir am besten zusammen lösen können.
Welche denn?
Die zweite Stammstrecke zum Beispiel. Wir sind uns völlig einig, dass die nicht nur für München, sondern besonders fürs Umland enorm wichtig ist. Insofern packen wir das auch gemeinsam an.
Wie ist das Verhältnis zwischen Ihnen und Seehofer?
Der Ministerpräsident ist jemand, mit dem man in sachlicher und freundlicher Atmosphäre die wichtigen Themen besprechen kann. Manchmal haben wir aber auch konträre Ansichten. In der Flüchtlingspolitik zum Beispiel. Die Grenzen dicht zu machen und damit die Aufgabe auf andere zu verlagern, ist nicht mein Ansatz.
Die Flüchtlingsproblematik wird Sie sicher auch in 2015 weiter beschäftigen. Zeit für Hobbys bleibt da wahrscheinlich nicht.
Doch, ich greife regelmäßig zu meiner elektrischen Gitarre. Ich übe derzeit einmal im Monat mit unserer bunt zusammengewürfelten Band. Wir spielen ja am 10. Januar beim Benefizkonzert im Herkulessaal, da will ich mich nicht blamieren.