Dieser Stadtführer erkundet das hässliche München

„Munich Ugly“ – Der Brite Eugene Quinn (48) sucht augenzwinkernd nach Münchens scheußlichsten Häusern.
Eva von Steinburg |
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Stadtführer Eugene Quinn findet an so manchem Münchner Wahrzeichen was auszusetzen.
Eva von Steinburg/AZ Stadtführer Eugene Quinn findet an so manchem Münchner Wahrzeichen was auszusetzen.

„Munich Ugly“ – Der Brite Eugene Quinn (48) sucht augenzwinkernd nach Münchens scheußlichsten Häusern.

Mit diesem Bild im Kopf kommt er an: Bürgerlich und nicht besonders hipp ist München – dafür aber stolz, selbstbewusst und erfolgsverwöhnt. Für den Briten Eugene Quinn ist das internationale Profil von München nicht wirklich prickelnd. Doch der Mann aus London mag keine Oberflächen. Seine Passion: Als frecher Stadtführer erkundet er mit viel Humor die hässlichen Ecken der Großstadt. In Wien bietet der 48-Jährige die augenzwinkernde Tour „Vienna Ugly “ an – zu den 19 spektakulär schlimmsten Gebäuden von Wien.

„Wir wollen Münchens Stadtplaner ein wenig kitzeln und aufwecken“, sagt Sebastian Huber vom Green City Projekt. Auf Einladung der Umwelt-Agentur stellt Quinn jetzt eine witzige Tour lokaler Scheußlichkeiten zusammen.

Lindwurmstraße? „Not ugly enough!“ Und weiter geht’s

„Schade, dass es nicht regnet, dann sehen hässliche Häuser noch viel schlimmer aus“, scherzt der Brite vor einem Wohnhaus in der Lindwurmstraße 40. Es ist bemalt mit illusionistischer „Trompe-l’oeil -Malerei in rosa, gelb und braun: „Was für eine misslungene Farbkombination! Und die Fenster sind so billig.“ Doch diese grandios verkorkste Hausfassade ist für ihn „not ugly enough“ – er zieht munter weiter.

In der barocken Asamkirche an der Sendlinger Straße entfährt ihm ein gequältes „Oh“: „Diese barocke Pracht ist lächerlich. Das viele Gold ist dekadent und die visuelle Explosion ist für mein Auge unerträglich. Quinn ist regelrecht entsetzt: „Weniger ist mehr. Wo bleibt hier die Balance? Wo die Disziplin? Ich habe keinen Respekt vor Kirchenarchitektur.“

Lesen Sie hier: Mit #diemünchnerwieder die Stadt neu entdecken

Die frühere Post in der Sonnenstraße, sie ist aus Backstein und hat drei gotische Bögen, sieht für Quinn weit mehr nach einer Kirche aus. Im Gehen fahndet er speziell nach modernen Bausünden in München – wo ihm der „Fail“, das schmähliche Versagen, ins Auge sticht: „Die interessantesten missratenen Gebäude sind die, bei denen der Wunsch des Architekten zu glänzen, zu groß war.“

Kaufhof am Marienplatz? Nicht hässlich, eher langweilig

Darüber sind sich die meisten Münchner einig: Ein markanter hässlicher Klotz im Zentrum ist der Kaufhof am Marienplatz. „Es fehlen Fenster. Das ist eine reine Macho-Architektur. Und die blöden silbernen Säulen am Eingang passen nicht dazu“ , so Quinns Urteil. Auf seine Ugly-Liste kommt das graue Kaufhaus jedoch nicht: „Zu normal, eher langweilig“.

Eher landet die beliebteste Sehenswürdigkeit Münchens in seiner ganz persönlichen Hässlich-Sammlung: das neue Rathaus am Marienplatz. Quinns blaue Augen blitzen: „So bad“ - „richtig fruchteinflößend!“

Der Brite krümmt und schüttelt sich vor Abscheu, als er vor dem Rathaus steht. Schönheit kann langweilig sein, Hässlichkeit nie – Ugly-Guide Eugene Quinn möchte mit seinem flapsigen Urteil niemanden verletzten. Hier sein Trost: „Nur eine schöne Stadt kann überhaupt hässliche Häuser haben.“


Wer auf den, nun ja, Geschmack gekommen ist: Zum Streetlife-Festival am 10. und 11. September bietet „Green City“ die „Munich Ugly Tour“ erstmals an: www.streetlife-festival.de


Was Eugene Quinn zu anderen Münchner Bauwerken sagt

Rathaus: „Pompös und furchteinflößend“

Zum Rathaus am Marienplatz: „Ich bin kein Fan von pink. Rote Geranien würden zur Fassade besser passen. Die Drachen, diese Höllentiere, sind sehr zum Fürchten, weil sie nach unten auf die Menschen zu springen scheinen. Es ist keine ganz gute Idee in einer Demokratie, so ein pompöses und furchteinflößendes Rathaus in der Stadt zu haben. Das ist die falsche Botschaft. Ein Rathaus sollte zugänglich wirken.“

The Seven: Optisch hässlich, sozial scheußlich

Zum „The Seven“, den sehr, sehr teuren Wohnturm an der Müllerstraße, früher ein Heizkraftwerk: „Dieser Turm ist sehr grau und technisch. Dadurch wirkt das Gebäude unsympathisch. Das Haus sieht für mich aus wie eine Bank. Und in einer Bank will ich nicht wohnen. Dafür, dass die Wohnungen hier so teuer sind, sind die Rollläden ziemlich schmutzig. Das Gebäude ist nicht nur optisch hässlich, sondern auch sozial scheußlich.“

Karstadt am Bahnhof (Neuer Teil): „Dieses Haus macht mir Angst“

Zum Karstadt an der Prielmayerstraße: „Dieses City-Kaufhaus sieht aus wie ein altes Parkhaus. Die Fassade ist sehr schmutzig. Das traurige Gebäude wirkt auf mich, als wäre es kürzlich abgebrannt. Es würde passen, wenn es in Kiew stehen würde oder in einem Kriegsgebiet. Dieses Haus ist so finster, dass es mir Angst macht. Es ist eines der hässlichsten Gebäude in München.“

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