Dieselskandal und Fahrverbot: Münchner berichten von ihren Erfahrungen

München - Besser ich sag’s gleich zu Beginn: Ich bin in Sachen Automobile ungefähr so versiert wie in der Erklärung der Heisenbergschen Unschärferelation – nämlich gar nicht. Meine Autos waren seit den frühen Achtzigern vom VW Käfer bis zum Opel Kadett eigentlich immer alt und gebraucht, die Anschaffung der Gelegenheit oder Notwendigkeit geschuldet. Rollen musste das Ding, der Blick in den Motorraum eines Automobils hat mich nie fasziniert, über Nockenwellen und Tiefergelegtes habe ich allenfalls geschmunzelt. Selber habe ich die Motorhaube nur angehoben, um den Ölstand zu messen.
So gesehen war ich – weil unerfahren und naiv – ein leichtes Opfer. Vor gut zweieinhalb Jahren kam es zum Unvermeidlichen: Die gewachsene Familie wollte eine größere Kutsche und wir kauften – einen Diesel. Dafür gab es damals durchaus gute Gründe: Beim ersten Kauf eines Neuwagens (ein Benziner von Mitsubishi) hatte noch das Sonnendach den Ausschlag gegeben. Zehn Jahre später und um eine Frau und zwei Kinder reicher, ging ich mit mehr Vernunft an die Kauf-Sache. So dachte ich jedenfalls. Der neue Wagen sollte viel Platz für Besuch aus Spanien und Nachwuchskicker bieten, aber dennoch preiswert in Anschaffung und Verbrauch sein. Meine pendelnde Frau würde damit ja jeden Tag um die hundert Kilometer übers Land fahren müssen.
Die Welt des Skandals war ferne Zukunftsmusik
Der Dacia-Diesel (Euro-5-Norm) erschien eine gute Wahl. Aufgrund des geringen Verbrauchs und verbesserter Abgas-Technologie, erklärten uns die befragten Autoverkäufer, würden es Dieselmotoren in Sachen Umweltbewusstein durchaus mit anderen Antriebsarten aufnehmen. Nicht ganz unwichtig für einen pedantischen Mülltrenner und ÖPNV-Fan wie mich. Klar, dass Dieselmotoren Schadstoffe ausstoßen, war auch bei unserem Autokauf schon klar. Aber die Welt des Skandals war ferne Zukunftsmusik. Der geringe Verbrauch schien in den Vor-Skandal-Tagen deswegen ein überzeugendes Argument zu sein. Wer weniger Kraftstoff verbraucht, verursacht auch weniger Emissionen. Oder?
Seit ein paar Monaten kann ich nun als Kollateralschaden des Diesel-Skandals dabei zusehen, wie es den Wiederverkaufswert von Diesel-Fahrzeugen zerbröselt. Was noch mehr weh tut: Diesel stehen plötzlich im Generalverdacht, Luftverpester zu sein, die die Gesundheit unserer Mitbürger bedrohen. Als Fahrzeug hat der Diesel auch deswegen keine große Zukunft. Bei Schneiders. Kommt ein Münchner Fahrverbot, kann ich die Familienkutsche wohl direkt auf den Schrottplatz fahren – oder im Garten abstellen. Als Laube funktioniert er da völlig abgasfrei.
AZ-Umfrage: "Industrie hat den Fortschritt verpennt"

Hiltrud Hamer (55), selbstständig: "Wir haben drei Diesel-Autos, denn wir sind Vielfahrer. Man muss die Relation sehen: Flugzeuge und Kreuzfahrtschiffe sind schlimmer."
Martin Schwaiger (40), Ingenieur: "Man darf den Diesel nicht generell verteufeln. Die Industrie hat viel verpennt. Privat würde ich mir keinen Diesel mehr kaufen.“
Kristina Gantenhammer (38), Gärtnerin: "Ich habe mein Auto erst ein halbes Jahr und fühle mich verarscht. Ich hätte gerne ein Elektroauto, muss aber meins behalten."
Florian Knecht (41), Geschäftsführer: "Die Politik hat lange weggeschaut und die Industrie den technologischen Fortschritt verpasst."