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Diesel-Verbot in München: Nächste Stufe wegen sauberer Luft gekippt

Laut Münchens OB Dieter Reiter ist die Stickstoffdioxid-Belastung im ersten Halbjahr 2023 deutlich gesunken: Die nächste Stufe des Diesel-Fahrverbots für Diesel-5-Fahrzeuge in der Umweltzone tritt daher nicht in Kraft.
von  Simon Sachseder, Felix Müller
Blick auf den Verkehr auf dem Mittleren Ring: Die Stickstoffdioxid-Belastung ist im ersten Halbjahr 2023 deutlich gesunken. (Archivbild)
Blick auf den Verkehr auf dem Mittleren Ring: Die Stickstoffdioxid-Belastung ist im ersten Halbjahr 2023 deutlich gesunken. (Archivbild) © imago/Rolf Poss

München - In München wird es voraussichtlich doch kein Fahrverbot für Euro-5-Diesel geben. Die Stickstoffdioxidbelastung sei im ersten Halbjahr 2023 deutlich gesunken, teilte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) am Mittwoch mit. "Wir halten fast alle Grenzwerte ein", sagte er erleichtert.

Manuel Pretzl: "Diese Ansage der Stadtspitze war überfällig"

Es werde im Oktober keine Verschärfung des Dieselverbots geben. "Ich gehe davon aus, dass der Münchner Stadtrat dies Ende Juli auch entsprechend beschließen wird", sagte er.

Manuel Pretzl: "Die Verbote waren immer unverhältnismäßig." (Archivbild)
Manuel Pretzl: "Die Verbote waren immer unverhältnismäßig." (Archivbild) © CSU

Die CSU reagierte erleichtert auf Reiters Ankündigung. "Diese Ansage der Stadtspitze war überfällig“, sagte Stadtratsfraktionschef Manuel Pretzl. "Wir haben den Stopp des Verbots schon lange gefordert, zuletzt vor einer Woche in der Vollversammlung."

Da habe der OB das Thema "noch nicht für dringlich gehalten", ätzte Pretzl: "Offenbar wurde der Druck nun doch zu groß." In einem nächsten Schritt müsse nun das gesamte Dieselfahrverbot wegfallen, forderte Pretzl. Die Luft in der Stadt werde seit Jahren besser, die Verbote seien immer unverhältnismäßig gewesen.  

Dieter Reiter: "Ein absolut positives Signal, eine richtig erfreuliche Botschaft"

Zum Februar war der Mittlere Ring Teil der Umweltzone geworden und Dieselfahrzeuge mit der Abgasnorm Euro 4 fielen unter das Fahrverbot, um die Grenzwerte für Stickstoffdioxid einzuhalten. Wenn die Grenzwerte weiter nicht eingehalten worden wären, dann hätten ab 1. Oktober auch Diesel der Norm Euro 5 vor dem Mittleren Ring Halt machen müssen.  

"Wenn wir uns alle gemeinsam an Regeln halten und ein paar vernünftige Dinge tun, dann werden wir die Umwelt verbessern", sagt Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter. (Archivbild)
"Wenn wir uns alle gemeinsam an Regeln halten und ein paar vernünftige Dinge tun, dann werden wir die Umwelt verbessern", sagt Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter. (Archivbild) © Matthias Balk/dpa

"Die Luft wird besser", betonte auch OB Dieter Reiter am Mittwoch. "Ein absolut positives Signal, eine richtig erfreuliche Botschaft vor allem für die Menschen, die an vielbefahrenen Straßen wohnen", sagte er. Dass der OB, der die Verhandlungen am Mittwoch alleine über die Neuerung informierte – und die wenig populäre Verkündung des Fahrverbots seiner grünen Bürgermeisterin Katrin Habenschaden überlassen hatte –, fanden in Grünen-Kreisen nicht alle guten Stil.

Nikolaus Gradl: "Prognosen des Referats waren falsch" 

Und auch in den Erklärungen aus den Regierungsfraktionen zeigte sich – mal wieder – der ein oder andere grün-rote Riss. Bemerkenswert war zum Beispiel die Reaktion der SPD-Stadtratsfraktion, deren verkehrspolitischer Sprecher Nikolaus Gradl die Schuld bei der eigenen Stadtverwaltung suchte – beziehungsweise im städtischen Umweltreferat.

"In München sind in der Regel mehr moderne Fahrzeuge angemeldet als im Bundesdurchschnitt", sagte er. "Daher waren die Prognosen des Referats falsch. Wir begrüßen, dass nun die zweite Stufe des Verbots ausgesetzt werden kann." Luftreinhaltung sei wichtig, müsse aber "verhältnismäßig" sein.

Umweltreferentin Christine Kugler von den Grünen reagierte ungewöhnlich scharf auf die Vorwürfe aus der SPD. "Die Behauptung von Herrn Gradl ist nicht korrekt", sagte sie auf AZ-Nachfrage. "Die Prognosen für die Aufstellung von Luftreinhalteplänen sind gesetzlich reguliert und basieren auf DIN-Normen." Dazu gehöre "unter anderem auch, dass keine lokale Flottenzusammensetzung verwendet werden darf".

Katrin Habenschaden: "München wird 2024 erstmals die Grenzwerte bei der Luftqualität einhalten"

Stattdessen müsse die deutsche Fahrzeugflotte vom Kraftfahrbundesamt als Berechnungsbasis herangezogen werden. "Dies ist per Gerichtsurteil vorgegeben. Außerdem haben die Messwerte des Jahres 2022 die Prognose an allen Standorten bestätigt", sagte Kugler.    

Auch Grünen-Bürgermeisterin Katrin Habenschaden, die die Fahrverbote für die Stadt verhandelt hatte, meldete sich nach Reiters Verkündung zu Wort und begrüßte den neuen Sachstand. Ihre Interpretation: "München wird im Jahr 2024 erstmals die Grenzwerte bei der Luftqualität einhalten und damit einen jahrelang vollzogenen Rechtsbruch der bayerischen Staatsregierung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern beenden." Der Luftreinhalteplan wirke, die NOx-Belastung sinke. "Eine Verschärfung der Fahrverbote zum Herbst wäre deshalb nicht verhältnismäßig."

Ob die Beschränkungen für Euro-4-Diesel erhalten bleiben, könne erst entschieden werden, wenn der Jahresmittelwert für 2023 feststeht, hieß es am Mittwoch von der Stadt. Dies werde voraussichtlich im ersten Quartal 2024 der Fall sein.

"Wichtig ist mir, immer die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen im Blick zu behalten, und genau das tun wir", sagte Reiter. Nach Angaben des Umweltbundesamts ist vor allem der Straßenverkehr für die Stickstoffdioxid-Emissionen verantwortlich. Den größten Anteil haben dabei Dieselmotoren. Stickstoffdioxid kann wie Feinstaub die Gesundheit gefährden, indem es zum Beispiel Atemwegsbeschwerden auslöst.

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