Diesel-Fahrverbot: Dicke Luft in München nun vor Gericht

München - Kläger Jürgen Resch ist sichtlich zufrieden. "Die Verhandlung ist von vorne bis hinten gut gelaufen", sagt der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH) hinterher im AZ-Gespräch. Die Stadt München habe getrickst. Dies sei vom Gericht auch kritisiert worden.
Darum ging es am Donnerstag beim 22. Senat des Verwaltungsgerichtshofes unter dem Vorsitz von Gerda Zimmerer: Die Deutsche Umwelthilfe und der Verkehrsclub Deutschland (VCD) klagen gegen die Ende September 2023 erfolgte Änderung des Luftreinhalteplans.
Vorausgegangen war ein jahrelanger Rechtsstreit um Münchens dicke Luft. Immer wieder waren Stickstoffdioxid-Grenzwerte überschritten worden, immer wieder hatten die Umweltschützer versucht, die Kommune zur Einhaltung der Grenzwerte zu bewegen.
Im Oktober 2022 hatten sich die Parteien in einem Vergleich auf die Einführung eines dreistufigen Dieselfahrverbots für die Umweltzone einschließlich des Mittleren Rings geeinigt. Ziel war die Einhaltung des Stickstoffdioxid-Grenzwerts von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft vor allem an der Landshuter Allee.
Stufe 1 des Fahrverbots gilt seit Februar 2023 für Dieselfahrzeuge Euro 4/IV, wobei Anwohner und Lieferverkehr allgemein davon ausgenommen sind. So weit, so gut aus Sicht der Umweltschützer. Aber eigentlich sollte es dann mit Stufe 2, die die Diesel-Norm Euro5/V einschloss, ab Oktober 2023 losgehen. Doch die Stadt änderte den Plan, setzte Stufe 2 bis Mai 2024 aus und hob Stufe 3, die keine allgemeine Ausnahme für Anwohner und Lieferverkehr vorsah, ganz auf.
Diesel-Fahrverbot in München: "Die Prognose funktioniert vorne und hinten nicht"
Der Grund: Die Stadt rechnete auf Grundlage einer Prognose damit, dass bereits Stufe 1 zur Einhaltung des Stickstoffdioxid-Grenzwerts ausreiche. Die Kläger fordern, diese Änderung rückgängig zu machen, da der Grenzwert entgegen der Prognose weiter deutlich überschritten werde.
Der Senat kritisiert am Donnerstag die Stadt für ihr Vorgehen, sieht auch methodische Probleme. So habe man im Juli 2023 für eine Prognose allzu optimistische Annahmen zu Grunde gelegt. Das reicht von den prognostizierten Verkehrszahlen bis zu den Effekten einer Busspur in der Landshuter Allee.
Richter Florian Schlämmer spricht Klartext: "Die Prognose funktioniert vorne und hinten nicht." So habe man unter anderem statt der bundesdeutschen, die umweltfreundlichere Münchner Verkehrsflotte zu Grunde gelegt. Obwohl viel Durchgangsverkehr über den Mittleren Ring geht. Außerdem habe man trotz der starken Grenzwert-Überschreitungen bis Juli 2023 angenommen, man könne für das ganze Jahr im Schnitt den Grenzwert einhalten. Dem war nicht so.
"Wir brauchen keine Abmahnung", sagt ein Vertreter der Stadt. Die hat inzwischen ein weiteres Gutachten über mögliche Szenarien zur Einhaltung der Grenzwerte erstellen lassen. Der Senat vertagt sich deshalb am Donnerstag kurzerhand. Weiter geht es am 21. März an selber Stelle.
Damit soll Zeit gewonnen werden, um es allen Beteiligten zu ermöglichen, den ganzen Bericht zu studieren. Dem Stadtrat sollen mit dem dann zu erwartenden Urteil "Leitplanken" für seine Sitzung am 24. April an die Hand gegeben werden, sagt die Vorsitzende Richterin.