Diese zwei brauchen Ihre Hilfe
Regina S. (75) spart an sich selbst, um das teure Insulin für ihren diabeteskranken Kater Elvis bezahlen zu können. Sie sagt: „Der Kater geht vor.“
München - Bei Regina S. ist Kater Elvis König. Der Perser mit den Bernstein-Augen ruht auf einer Häkeldecke, in die sein Name gestickt ist. Sein Katzen-Korb steht mitten im Wohnzimmer. Wenn Elvis gemächlichen Schrittes durch sein Reich stolziert, mag man kaum glauben, wie krank er ist: Der 13 Jahre alte Kater hat Diabetes und braucht täglich Insulin-Spritzen.
Regina S. kann ihm die Artzney nur kaufen, wenn sie selbst zurücksteckt. „Aber“, sagt die 75-Jährige tapfer, „ich habe seiner Vorbesitzerin versprochen, dass ich mich immer gut um ihn kümmere.“ Und genau das tut die Münchnerin.
Regina S. war schon immer tierlieb. Ihren ersten Kater, Karl-Heinz Rummenigge, befreite sie aus der Wohnung einer Verstorbenen. Nachfolger Max holte sie aus dem Tierheim. Die zarte Shari lebte als Straßenkatze auf Mallorca, bevor eine Stewardess sie mit nach München – und zu Regina S. – brachte. „Ich möchte keinen Tag mit meinen Tieren missen“, sagt sie liebevoll.
Karl-Heinz Rummenigge ist schon lange tot, doch bis heute hängen Fotos des Tieres in der kleinen Wohnung seiner Besitzerin. Auch Max und Shari sind gestorben. Die Urnen mit ihrer Asche – ein goldenes Herz und eine weiß-blaue Katzenfigur – stehen im Buffet-Schrank. Selbst der Katzen-Stammtisch, zu dem Regina S. regelmäßig ging, hat sich aufgelöst. Geblieben ist ihr nur Elvis.
„Täten Sie meinen Mucki nehmen, wenn mir was passiert?“
Die Münchnerin hat lange als Sprechstundenhilfe gearbeitet. „Ich musste den ganzen Tag stehen, auch samstags. Davon habe ich Rückenprobleme bekommen.“ Sie wechselt deshalb in die Verwaltung einer Versicherung – und reist gelegentlich nach Bad Füssing zur Heilwasser-Behandlung. Dort lernt sie eine andere Katzen-Freundin kennen: Elvis’ Vorbesitzerin. „Allerdings hat er damals noch Mucki geheißen – greislig, gell?“
Im September 2009 ruft die alte Dame bei Regina S. an: „Ich bin ganz in ihrer Nähe, im Schwabinger Krankenhaus.“ Sie hat Leukämie. Regina S. besucht ihre Kur-Bekanntschaft, bringt Zeitschriften mit und will gerade wieder gehen, als die Sterbenskranke sie fragt: „Täten Sie meinen Mucki nehmen, wenn mir was passiert?“ Natürlich.
Ein halbes Jahr später bringt ihr der Sohn der Verstorbenen den Kater, „reingepresst in ein winziges Kisterl“. Überhaupt habe sich der junge Mann nicht richtig um das Tier gekümmert, während seine Mutter in der Klinik lag, sagt Regina S. „Der Kater hatte völlig verfilztes Fell, Akne, abgebrochene Zähne und viel zu lange Krallen.“
Zuerst tauft die Tierfreundin ihren neuen Mitbewohner um: Jetzt heißt er Elvis-Aaron. Dann päppelt sie den schnurrenden „King of Rock“ mit viel Liebe auf. Eine Zeit lang ist die Katzenwelt in Ordnung.
In der Küche steht ein Glas Honig – für den Notfall
Ende 2011 beginnt Elvis ungewöhnlich viel zu trinken. Außerdem krümmt er sich beim Laufen vor Schmerz. Die Tierärztin diagnostiziert eine Bauchspeicheldrüsenentzündung – und Diabetes. Von nun an braucht Elvis täglich zwei Insulin-Spritzen und muss regelmäßig fressen. „Sonst fällt er um“, sagt Regina S. besorgt. In der Küche steht ein Glas Honig – für den Notfall. Zudem wird dem Kater jeden Monat Blut abgenommen, um seinen Zuckerwert zu bestimmen.
Über das Münchner Tierheim bekommt Regina S. das Insulin für ihren Liebling günstiger. 55 Euro kostet das Artzney für drei Monate. In derselben Zeit muss sie für 54 Euro Spritzen kaufen und circa 120 Euro in Tierarztbesuche investieren. Das ist nur möglich, weil sich die Tierfreundin selbst kaum etwas gönnt – und weil sie ihre Lebensmittel von der Münchner Tafel holt.
Denn obwohl Regina S. ihr Leben lang gearbeitet hat, ist ihre Rente so gering, dass sie zusätzlich auf Grundsicherung angewiesen ist.
Zu allem Überfluss macht Elvis’ Bauchspeicheldrüse seit kurzem wieder Probleme. Alle zehn Tage bekommt er deshalb beim Tierarzt in Gronsdorf eine Infusion. Obwohl sie kein Auto hat, „und immer Hinz und Kunz bitten muss, dass er uns fährt“, nimmt Regina S. diese zusätzlichen Termine klaglos auf sich – selbst an Tagen, an denen sie ihre Arthrose fast verrückt macht. „Der Kater geht vor.“
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