Diese Nazi-Devotionalien werden im Mai versteigert

München - Mit goldenem Schriftzug dankte A. Hitler einem Unbekannten "für die künstlerische Mitwirkung an meinem Haus". Die Weihnachtskarte, datiert vom Heiligabend 1943, ist laut Katalog "minimal angebräunt" – was der Schätzer keineswegs anzüglich meint. Ab 10. Mai wird diese NS-Devotionalie bei einer Versteigerung in München für 1000 Euro aufgerufen.
Den zehnfachen Schätzwert hat eine etwas düstere Fotografie vom 1. April 1924: Vor der Verkündung der (für sie günstigen) Urteile im Prozess um den Putsch vom 9. November 1923 stellten sich im Hof der Münchner Infanteriekaserne alle zehn Angeklagten dem NS-Hoffotografen Heinrich Hoffmann – die Ex-Offiziere Ludendorff und Kriebel mit Pickelhauben und Säbeln. Auf der Rückseite des Dokuments hinterließen die "Kämpfer für Freiheit und Ehre" ihre Unterschriften.
Die Rückseite des Fotos: "Der Prozess der Kämpfer für Deutschlands Einheit und Ehre 26. Febr. – 31. März 1924" – unterschrieben haben unter anderem Hitler (oben rechts) und Ludendorff (ganz oben). Quelle: Auktionshaus Zisska und Lacher
"Wir haben dieses Mal außergewöhnlich viele Objekte aus der Zeit des Nationalsozialismus im Angebot," sagt ein Sachbearbeiter des Buch- und Kunstauktionshauses Zisska & Lacher, das sich auf die "wissenschaftlich fundierte Bearbeitung wertvoller und seltener Werte" spezialisiert hat und keineswegs auf Nazi-Hinterlassenschaft.
Quellen bleiben unter Verschluss
Die Quellen werden grundsätzlich nicht verraten, "das dürften wir gar nicht". Wichtige oder zweifelhafte Dokumente ließe man im Institut für Zeitgeschichte überprüfen.
Unter den über 200 Katalognummern fehlt jedenfalls kaum einer der Namen, die im Nazi- Reich eine größere Rolle gespielt haben. Wenngleich wohl die wenigsten von wirklich historischem Belang sind. "Gebräunt" ist auch ein signiertes Porträt des nach England entflogenen Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß, das auf der Rückseite englisch betitelt ist.
"Makellos erhalten" ist die Visitenkarte einer gewissen Eva Braun
"Makellos erhalten" und daher gleich 600 Euro wert ist die Visitenkarte einer jungen Frau mit der Unterschrift "Eva Braun München".
Ein Foto des Außenministers Joachim Ribbentrop, der in seiner Unterschrift auf das durch Adoption verliehene Adelsprädikat verzichtet, erscheint "leicht gebogen". In einem Schreiben an den Gauleiter Paul Giesler in München bedankt sich ein Amtsleiter der Parteikanzlei für eine eingetroffene Bierlieferung.
"Fleckig" ist ein Schreiben von Reinhard Heydrich, das sich mit der bekämpften Freimaurerei befasst; der SS-Chef datierte es wenige Tage vor dem Anschlag in Prag. Heinrich Himmler, "Reichsführer SS", ist mit doppelter Signatur vorrätig.
In einem an seinen "alten Weggefährten" Himmler adressierten Brief aus Russland setzt sich Generaloberst Sepp Dietrich für seinen Obersturmbannführer Joachim Peiper ein, dem "zersetzende Kritik" vorgeworfen wurde. Beide Waffen-SS-Offiziere galten schon zu Dienstzeiten als "Legenden".
Hitlers Kriegshelden sind überhaupt dick vertreten – und etwas aussagekräftiger. Eine vom Generalstabsoffizier Hans Degen unterzeichnete "Geheime Kommandosache" mit 32 Schreibmaschinenseiten berichtet über die schwierigen Vorbereitungen der 1. Gebirgsdivision zum "Unternehmen Seelöwe" – die von Hitler schon 1940 befohlene, aber immer wieder verschobene Landeoperation in England. Erich Raeder, der Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, ließ gleich nach der Haftentlassung aus dem Kriegsverbrechergefängnis in Spandau ein Grußkärtchen mit Dank für "so viele Willkommensgrüße" drucken.
Die Postkarten von Ritterkreuzträgern – acht im Angebot - sammelte seinerzeit die männliche Jugend wie die von UFA-Stars. Bevorzugt: Flieger und U-Boot-Kommandanten.
Die U-Boot-"Legenden" Engelbert Endrass und Erich Topp (rechts). Quelle: Auktionshaus Zisska und Lacher
In Fragmenten oder zwischen den Zeilen finden sich in der NS-Konkursmasse auch Hinweise auf den Widerstand. In einem Brief bemüht sich Oberst Schenk Graf von Stauffenberg, Kontakt zu knüpfen zwischen einem Oberstleutnant des Ersatzheeres und dessen Befehlshaber Generaloberst Fromm, der für die Verschwörung vom 20. Juli 1944 gewonnen werden sollte.
Eine verschlüsselte Kontaktaufnahme liest sich auch aus zwei Briefen des Offiziers Jarro Schulze-Boysrn, der dem Kreis der "Roten Kapelle" angehörte und im Dezember 1942 auf Grund eines entschlüsselten sowjetischen Funkspruchs gehängt wurde. Admiral Canaris, Abwehrchef und ebenfalls gehängt, antwortete einem Oberleutnant Bauernfeind, der sich einem Fronteinsatz entziehen wollte, "wohlwollend, vielleicht auch etwas zynisch", wie es im Katalog heißt.
1943: Hiltler und Bormann bei einer Trauerfeier. Quelle: Auktionshaus Zisska und Lacher
Nicht nur Nazi-Prominenz vertreten
Die bevorstehende Auktion bedient sich freilich nicht nur aus dem Nachlass der Nazi-Prominenz. Aufgerufen werden auch Urkunden, Briefe, Bilder, Notizen, die auf viele berühmte Namen hinweisen. Einige seien in Stichworten erwähnt:
Kaiser: Ferdinand I. (Aufruf zur Beteiligung an Steuerlasten), Leopold I. (ein Adelsdiplom), Wilhelm II. (eine Ernennungsurkunde mit gedrucktem Kopf und Siegel).
Könige: Friedrich I. Von Preußen (Einführung eines allgemeinen Fast-, Buß- und Bettages), Friedrich Wilhelm III. von Preußen (Lehensbrief).
Kanzler: Otto von Bismarck (Dank für ein "wohlgelungenes Reliefbild"), Willy Brandt (Brief an Hermann Mostar).
Künstler: Wilhelm Busch (Kopien von drei Bildergeschichten), Olaf Gulbransson (Katzenzeichnung für eine Züchterin).
Musiker: Richard Strauss (Brief an die Frau des Reichsjugendführers Baldur von Schirach), Ralph Maria Siegel (zwei Widmungen und ein Gedicht).
Schriftsteller: O.M. Graf ("Endlich sind wir wieder in meinem geliebten New York gelandet"), Erich Maria Remarque (Dank für Übersendung von Kochbüchern), Erich Kästner ("Wär ich anders, ja, dann wär ich / sonstwer und nicht Kästner Erich").