Die zwei Gesichter des Rappers Sido

Mal hart, mal zart: Paul Würdig alias Sido hat fast für jeden etwas zu bieten.
von  Abendzeitung
Paul Würdig oder Sido? Beides, denn auf seinem neuen Album nimmt der Gangster-Rapper manchmal seine Maske ab.
Paul Würdig oder Sido? Beides, denn auf seinem neuen Album nimmt der Gangster-Rapper manchmal seine Maske ab. © Veranstalter

Mal hart, mal zart: Paul Würdig alias Sido hat fast für jeden etwas zu bieten.

Was man von seinen Provokationen auch halten mag: Paul Würdig, dieser blasse, schlanke Kerl aus Berlin, hat als Sido den deutschen Gangster-Rap auf eine neue Stufe gehoben. Eine Stufe, von der aus man mit Einigem in Berührung kommt, mit Ehre, Geld und goldenen Schallplatten womöglich, aber nicht mit B-Promis vom Schlage einer Collien Fernandes. Eigentlich.

Doch das Debütalbum des 27-Jährigen von 2004, das als „Maske X“ eine zensierte Neuauflage erfuhr, mit verchromter Totenkopfmaske, pornographischen Texten und Fehden mit anderen Rappern wie Azad oder Bushido – das ist nur die eine Seite der Kunstfigur Sido. Die andere gibt sich streberhaft, wenn sie die Hymne „Mama ist stolz“ rappt, bei Stefan Raab auftritt und sich bei der „Popstars“-Jury beschwert, wenn Kandidaten beim Ausfüllen ihres Bewerbungsbogens Rechtschreibfehler machen.

Eines aber steht außer Frage: Dieser Sido will ein Gesamtkunstwerk sein, mit unklarer Positionierung auf Tuchfühlung zum Mainstream, und mit einer letzten Hoffnung auf die Gnade des aus Prinzip eher ungnädigen Undergrounds. Nach dem Album „Ich“ kam Anfang Mai dieses Jahres „Ich & meine Maske“, so gesehen die Versöhnung einer öffentlich gespaltenen Persönlichkeit. Da steht das ironisch-kitschige „Carmen“ neben Rüpeleien wie „Halt Dein Maul“ oder „Scheiß drauf“. Musikalisch hingegen hat sich der Übergang zum Party-Rap weitestgehend vollzogen, und bei „Pack Schlägt Sich“ ist sogar Ex-Erzfeind Azad mit an Bord. In der Muffathalle gibt es am heutigen Mittwoch also ein Phänomen der Popkultur zu sehen: Aggro und „Wok-WM“, Ghetto und Bravo-Otto.

Tim Slagman

Muffathalle, Zellstr. 4, Einlass: 18.30 Uhr, Karten 24 Euro an der Abendkasse, 18 Euro im Vorverkauf zzgl. Gebühren. Info: Tel. 54 81 81 81

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