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Die Zukunftsmacher: Eine Reise ins München 2040

Wie sieht die Stadt in 20 Jahren aus? Wie werden wir leben, arbeiten, wohnen? In einer neuen Serie stellt die AZ Münchens Zukunftsmacher vor.
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Die Landeshaupstadt München, hier ein Blick mit der Frauenkirche im Zentrum.
Die Landeshaupstadt München, hier ein Blick mit der Frauenkirche im Zentrum. © Peter Kneffel/dpa

München - Ein Blick in die Glaskugel, hin zum München im Jahr 2040: 1,845 Millionen Menschen werden dann voraussichtlich in der Stadt leben. Das sind 16 Prozent mehr als heute. In München, das schon jetzt dichter bebaut ist als alle anderen deutschen Großstädte, wird es dann noch enger zugehen.

Gleichzeitig wird München eine vergleichsweise junge Stadt sein: Das Durchschnittsalter wird bei 41,5 Jahren liegen. In Zukunft werden mehr Neugeborene als je zuvor in München leben, es werden insgesamt mehr Menschen geboren als sterben werden.

Auch aus anderen Teilen Deutschlands und aus dem Ausland werden weiter Menschen nach München ziehen, weil es hier viele Jobs und gute Unis gibt, aber auch, weil sie hier sicher vor Krieg und Terror sind. Fast jeder Dritte, der 2040 hier lebt, stammt ursprünglich aus dem Ausland. Heute beträgt der Ausländeranteil etwa 28 Prozent. All diese Menschen werden München noch multikultureller machen.

Von diesem Szenario geht das Planungsreferat in einem Bericht zur demografischen Entwicklung Münchens aus.

Wie wird es im München der Zukunft sein?

Doch wie sieht in der Boom-Region München in der Zukunft das Leben aus? In den nächsten Ausgaben wollen wir kreative Köpfe aus der Wirtschaft und der Wissenschaft vorstellen, die sich schon heute Gedanken über die Herausforderungen der Zukunft machen. Wir besuchen Menschen, die sich fragen, wie wir uns in Zukunft ernähren, fortbewegen, arbeiten und leben werden.

Auch das Planungsreferat in der Stadtverwaltung macht sich über die Zukunft Münchens Gedanken. Vor gut einem Jahr hat das Referat einen Entwurf vorgestellt, der beschreibt, wie sich die Stadt bis 2040 entwickeln könnte.

Seitdem fanden mehrere Dialogveranstaltungen mit interessierten Bürgern statt. Die Ergebnisse arbeitet das Planungsreferat gerade in einen neuen Stadtentwicklungsplan ein. Nächstes Jahr will das Referat die überarbeitete Version dem Stadtrat noch einmal vorlegen, kündigt Arne Lorz aus dem Planungsreferat an. "Auch in 20 Jahren wird München eine lebenswerte und liebenswerte Stadt sein", da ist sich Lorz sicher. Doch es gibt auch Herausforderungen - eine davon sei der Klimawandel.

Denn München wird heißer, das zeigt eine Studie des Deutschen Wetterdienstes. Die Tage, an denen es mehr als 25 Grad hat, könnten sich in den nächsten 20 bis 30 Jahren verdoppeln. Das hieße, der Sommer verlängert sich um bis zu 32 Tage.

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Längere Sommer, höhere Temperaturen?

Andere Szenarien gehen davon aus, dass es in München in 20 Jahren so warm ist wie am Bodensee. In 40 Jahren so wie in Ostfrankreich, in 60 Jahren so wie in Genf, in 80 Jahren wie in Mailand, in 100 Jahren wie in Kroatien.

Ziel der Stadt sei deshalb, sagt Lorz, das Grün zu schützen und - wo immer möglich - zu stärken. Parks und Grüngürtel sollen miteinander vernetzt werden. Auf viele große, neue Parks können die Münchner allerdings nicht hoffen.

In Planung sei gerade nur ein neuer Park bei Freiham neben der Autobahn, sagt Lorz. Er soll etwa so groß werden wie der Ostpark in Neuperlach.

Ansonsten sei für so große Parks aber zu wenig Platz. Vielmehr sei das Ziel, in den Straßen mehr Bäume zu pflanzen, Fassaden und Dächer zu begrünen.

Bis 2035 will München klimaneutral sein

Auch viel mehr Photovoltaik als heute soll es dort in Zukunft geben. Schließlich will München bis 2035 klimaneutral sein. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg: Gerade werden bloß ein Prozent der Dächer für Photovoltaik genutzt.

Die zweite große Herausforderung ist, wo in München Wohnungen entstehen sollen. Das Planungsreferat geht davon aus, dass in München bis 2040 etwa 100.000 neue Wohnungen gebaut werden können.

Das stärkste Wachstum erwartet die Stadt im Westen im Bezirk Aubing-Lochhausen-Langwied. Das liegt vor allem daran, weil dort das Neubaugebiet Freiham gebaut wird, wo einmal mehr als 30.000 Menschen leben sollen. Aber auch Bogenhausen, Moosach und Thalkirchen-Obersendling-Forstenried-Fürstenried-Solln wachsen in den nächsten Jahren überdurchschnittlich.

Etwa 72.000 Wohnungen davon sind planerisch noch nicht eindeutig gefasst. Arne Lorz nennt sie deshalb "Potenzial". Ein großer Teil davon befindet sich im Nordosten, Norden und im Westen der Stadt, sagt Lorz.

Wie bewegt sich der Münchner der Zukunft fort?

Auch auf Gewerbeflächen könnten in Zukunft Wohnungen gebaut werden – etwa am Frankfurter Ring, in Allach oder Obersendling.

Ganz zugebaut ist die Stadt allerdings selbst dann noch nicht: Nicht kalkulierbar sei für die Stadt, wenn Eigentümer zum Beispiel ihr Einfamilienhaus abreißen und auf dem Grundstück mehrere Wohnungen bauen.

Die dritte große Frage der Zukunft ist für Arne Lorz, wie wir uns in München in der Zukunft fortbewegen. Schon bis 2025 sollen in München möglichst 80 Prozent des Verkehrs mit abgasfreien Kraftfahrzeugen, dem Öffentlichen Personennahverkehr, zu Fuß oder auf dem Fahrrad bewältigt werden.

Zudem soll in den nächsten Jahren die Altstadt möglichst autofrei werden. Schon jetzt werden dafür nach und nach Parkplätze gestrichen. Im nächsten Jahr erweitert die Stadt zudem die Fußgängerzone ins Tal hinein.

Ziel der Stadt ist außerdem, dass die Bewohner neuer Quartiere wie Freiham möglichst ohne eigenes Auto zurechtkommen. Pro Wohnung soll dort nur noch ein halber Stellplatz nachgewiesen werden müssen. Parken sollen Bewohner nicht mehr in Tiefgaragen unter oder am Straßenrand vor den Häusern, sondern in "Quartiers- oder Sammelgaragen". Diese sollen unter öffentlichen Plätzen und Straßen liegen.

Viele Änderungen im ÖPNV

Für diese Verkehrswende müsse vor allem der ÖPNV gestärkt werden, sagt Lorz. Ein wichtiger Baustein sei die Zweite Stammstrecke. Zuletzt hieß es, diese solle 2037 fertig werden. Außerdem plant die Stadt eine neue Linie U9, die zwischen Implerstraße und Münchner Freiheit verlaufen und das Netz entlasten soll.

Zuletzt ging die Stadt davon aus, dass diese Mitte der 2040er Jahre in Betrieb geht. Doch weil sich die Stammstrecke verzögert und beide Projekte eng miteinander zusammenhängen, könnte dieser Zeitplan wackeln.

Diese Karte zeigt städtische Planungen und Ideen im Bau- und Mobilitätsbereich. Manche werden schon angegangen, wie die U9, andere, wie die U26 sind bislang lediglich Gedankenspiele.
Diese Karte zeigt städtische Planungen und Ideen im Bau- und Mobilitätsbereich. Manche werden schon angegangen, wie die U9, andere, wie die U26 sind bislang lediglich Gedankenspiele. © Sophie Anfang auf Grundlage der München Basiskarte (Creative Commons Attribution-Share Alike 2.0 Generic-Lizenz) von Maximilian Dörrbecker (Chumwa)/Wikimedia Commons (OpenStreetMap-basiert)

Auch die U5 wird verlängert. Zum einen Richtung Westen nach Freiham, das könnte bis 2040 fertig sein. Zum anderen Richtung Süden nach Ottobrunn. Doch weil diese Linie hinter den Stadtgrenzen liegt, hat das Münchner Rathaus hier keinen Einfluss.

Im Münchner Nordosten soll eines Tages die U4 vom Arabellapark mindestens bis nach Englschalking verlängert und dort mit der S8 verknüpft werden.

Ansonsten plant die Stadt eine Reihe von neuen Tram-Linien – zum Beispiel eine auf der Wasserburger Landstraße Richtung Haar, oder eine Richtung Norden, die das Neubaugebiet Bayernkaserne anbindet. Die Tram-Westtangente soll schon ab dem nächsten Jahr gebaut und dann 2026 oder 2027 fertig sein.

Die Stadt wird sich verändern

Auch die Radinfrastruktur soll in Zukunft weiter gestärkt werden. Um München mit dem Umland besser zu vernetzen, sind Radschnellwege geplant. Zum Beispiel nach Garching, Markt Schwaben, Dachau, Starnberg, Oberhaching und Fürstenfeldbruck. Der Radschnellweg vom Münchner Hauptbahnhof über Unterschleißheim nach Garching wird als erstes fertig. Auch der nach Markt Schwaben wird mit Priorität geplant. Dieser klappt nur, wenn gleichzeitig der Verkehrsraum neu verteilt wird. 900 Parkplätze werden weichen müssen.

Bei dem Bürgerdialog während der letzten Monate habe er gespürt, dass sich viele Münchner Sorgen machen, weil sich die Stadt so sehr verändert, sagt Arne Lorz aus dem Planungsreferat. Die Menschen sorgen sich wegen des Verkehrs, des Klimawandels, des Wachstums. Aufgabe der Stadt sei nun, das alles zu managen, sagt Lorz. Einfach wird das ganz bestimmt nicht.

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70 Kommentare
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  • Leserin am 15.08.2022 06:20 Uhr / Bewertung:

    Und wo werden 2040 all die Wohnmobile und Wohnanhänger geparkt? Die werden ja auch offensichtlich immer mehr. Und statistisch nimmt die Anzahl der Autos pro Einwohner*in ja sogar zu. Da nur in neuen Wohngebieten umzusteuern wird nicht reichen.

  • Der wahre tscharlie am 15.08.2022 14:09 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Leserin

    Stimmt. Diese Wohnmobile und Wohnanhänger werden max. für 4 Wochen im Jahr benutzt. Ansonsten stehen sie rum und nehmen Parkolätze weg. Wobei man noch sagen muß, dass Dauerparken eines Wohnmobils über Monate hinweg an ein und derselben Stelle sowieso verboten ist. Siehe STVO dazu.

  • Witwe Bolte am 14.08.2022 15:44 Uhr / Bewertung:

    Horroraussichten! 🤯 München wird vorher schon implodieren.
    Zum Glück erleb ich das höchtwahrscheinlich nimmer. Aufm Waldfriedhof ist es hoffentlich nach wie vor geruhsam und i hob dort mei griabige Rua. 😎
    Den Jüngeren mit Verstand sei ein Wegzug/Flucht dringend anzuraten.

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