Die weite Welt des Verbrechens
Der Tod steht ihr gut: München ist eine Stadt mit vielseitiger Krimi-Kultur.
Novembernebel an der Isar, Scheinwerfer spiegeln sich im nassen Asphalt. Nicht nur beim alljährlichen Krimifestival kommt die wunderbare Welt des Verbrechens nach München. Bei einem abendlichen Spaziergang kann man sich in diesem Monat wunderbar in Stimmung versetzen lassen.
Wer danach mit einem Buch ins Bett steigen will, schaut beispielsweise in der auf Spannung spezialisierten Buchhandlung Glatteis vorbei und nimmt sich einen der stadteigenen Autoren zwischen Friedrich Ani und Angela Esser mit nach Hause. Wer mit Unterstützung anderer Geheimnisse aufdecken will, kann bei einem Krimidinner in Gesellschaft rätseln oder sich auf Verbrechensspuren durch die Stadt führen lassen. Heute zeigen gleich drei Lesungen die Vielfalt des amerikanischen Krimis zwischen Hardboiled-Psycho-Action und literarisch-ambitioniertem Thrill. Wir geben einen Überblick über die kriminell-spannende Seite der Stadt.
Die Schönheit des Bösen: Richard Starks Antiheld
So muss ein Krimi geschrieben sein: schnell, überraschend, präzise, filmisch. Richard Stark, 75-jähriger amerikanischer Altmeister des Genres, [/INI_3]hat mit „Fragen Sie den Papagei“ einen Krimi geschrieben, der ein moderner Klassiker werden könnte. Starks (nach langer Pause reaktivierter) Held ermittelt nicht, er mordet: Parker ist der perfekte Verbrecher, amoralisch, mit eiskaltem Blick auf den persönlichen Vorteil bedacht. Der Leser folgt ihm gebannt, fasziniert von dessen Rücksichtslosigkeit und luzider Bosheit. Wie schon zu Beginn des „Papagei“, als Parker von Polizeihunden verfolgt in der Klemme zu sitzen scheint, findet er einen Unwissenden, der ihn – zum Entsetzen des Lesers – rettet.
Stark liest heute um 19.30 Uhr im City Kino (Sonnenstraße 12), danach läuft der Stark-Film „Point Blank”
Die Psyche der Toten: Meg Gardiner liest „Die Beichte“
Kevlar schützt das Herz zwar vor Geschossen, aber nicht vor Trauer.“ Die forensische Psychiaterin Jo Beckett ermittelt in einer Selbstmordserie prominenter Bürger von San Francisco. Die in Santa Barbara geborene Autorin Meg Gardiner stellt in ihrem Roman „Die Beichte“ eine Ermittlerin vor, deren ungewöhnliches Gebiet die Erforschung der Psyche von Toten ist. Natürlich liegt der Grund für ihre Jobwahl in ihrer Vergangenheit, und natürlich muss sie sich im Showdown ihren Ängsten und ihrer Trauer stellen. Gardiner erzählt in hauptsatzlastiger Sprache einen Thriller, dessen Action-Sätze durch die Handlung treiben. Aber der Spannungskern ist in den unbeleuchteten Wesensecken der Opfer verborgen.
Gardiner liest heute, 20 Uhr, in der Kriminalbuchhandlung Glatteis, Corneliusstraße 31, Eintritt: 7 Euro, Tel.: 2014844
Sallis reaktiviert Agenten
Sein Roman „Driver“, eine blutige Lehrstunde in Ökonomie und Spannung, brachte dem 64-jährigen US-Schriftsteller James Sallis den Deutschen Krimipreis 2008 ein. Nun hat der Münchner Liebeskind Verlag ein [/INI_3]weiteres Juwel des Autors veröffentlicht: „Deine Augen hat der Tod“ handelt vom Agenten David, der nach zehn Jahren bürgerlichen Lebens wieder „angeschaltet“ wird, um einen ehemaligen Kamerden zu eliminieren. Der hat sich nun auf das Töten in Friedenszeiten spezialisiert. Ein packendes Duell zweier Menschen im großen US-Theater existenzialistischer Einsamkeit.
James Sallis liest heute um 20 Uhr im Ampere (Muffatwerk, Zellstr. 4)
Christian Jooß
Wo sich Krimifans in München sonst noch fesseln lassen können
Bayerns einzige Krimi-Buchhandlung „Glatteis“ hat sich auf das Geschäft mit dem Nervenkitzel spezialisiert. Wo? Corneliusstraße 31, geöffnet: Mo.-Fr. 12.30- 19, Sa. 10-16 Uhr.
Am 9. November findet das mysteriöse Krimidinner „Ein Leichenschmaus“ im Marriott Hotel (Berliner Str. 93) statt. Ein Abend im Stil von Edgar Wallace mit min- destens einer Leiche. Und einem delikaten Vier-Gänge-Menü. Beginn: 19 Uhr, Preis: 97 Euro (inkl. Getränken). Infos und Anmeldung: www.krimidinner.de
Stattreisen München bietet unterschiedliche Krimi-Führungen an. Auf der Tour „Mordsgeschichte“ folgen Sie gemeinsam mit Inspektor R. Mittler der Spur des Verbrechens. Gruppenpreis (15 Personen): 320 Euro. Dauer: zwei Stunden. Infos unter www.stattreisen-muenchen.de
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