Die wahre Wiesn – bald jedes Jahr?
Lebendig, volkstümlich – und gar ned deppert: Die historische Wiesn mausert sich zum Erlebnis. Eine Bürgerinitiative sammelt bereits Unterschriften, damit sie künftig in jedem Jahr stattfinden kann
Josef Bachmaier ist geschafft, aber glücklich: Im Herzkasperlzelt herrscht grandiose Wiesnstimmung: Gerade sind die „Schwuhplattler“ zur dritten Zugabe auf die Bühne geklatscht worden – auch von ein paar Hamburgern, die das Lokalderby HSV gegen St. Pauli nebenbei auf dem iPhone verfolgt haben und jetzt mehr vom „bayerischen Fruchtbarkeitstanz“ sehen wollen. Ob sie gewusst haben, dass die „Schwuhplattler“ eine schwule Volkstanzgruppe sind? Den weiblichen Part übernimmt einfach der Tänzer „ohne Hut“.
Mittlerweile ist
„Die Tanzfläche ist gar nicht vorgesehen“, sagt Bachmaier, „aber wenn die Musik so abgeht, tanzen die Leute einfach spontan neben der Bühne.“
Dann wird nach einem Tusch ein besonderer Herr auf die Bühne gezwungen, der gleich zugibt, kein Mann großer Worte zu sein: Florian Dering, Vizedirektor des Münchner Stadtmuseums und damit „Erfinder“ der diesjährigen historischen Wiesn. Das volle Zelt feiert ihn lärmend – er hat heute seinen 60. Geburtstag. Und dann tritt neben ihn eine fesche Frau im blauen Dirndl und ruft ins Publikum: „Das mit der historischen Wiesn ist das Beste, was dem Oktoberfest passieren konnte. So wie hier muss die Wiesn eigentlich sein. Und das verdanken wir dem Florian Dering!“
Schon hält sie eine Speisekarte nach oben, die voll ist mit Unterschriften. Denn gerade hat die Dame eine Bürgerinitiative gegründet, die die „historische Wiesn“ für alle Jahre retten soll – als Ort, wo die Wiesn noch so ist, wie sie sein soll: lebendig volkstümlich und für alle offen.