Die Tradition lebt - mit Hirschen

In diesem Zelt kommt das Bier nicht aus dem Container: Wie die beiden Wiesn-Wirte Manfred und Thomas Vollmer in ihrer Augustiner-Festhalle die Oktoberfest-Tradition pflegen.
von  Abendzeitung
Auch Profis üben nochmal vor der Wiesn: Manfred (l.) und Thomas Vollmer in ihrer Augustiner-Gaststätte in der Fußgängerzone.
Auch Profis üben nochmal vor der Wiesn: Manfred (l.) und Thomas Vollmer in ihrer Augustiner-Gaststätte in der Fußgängerzone. © Mike Schmalz

In diesem Zelt kommt das Bier nicht aus dem Container: Wie die beiden Wiesn-Wirte Manfred und Thomas Vollmer in ihrer Augustiner-Festhalle die Oktoberfest-Tradition pflegen.

Thomas Vollmer bindet sich die grüne Schürze um, schnappt sich den Schlegel und tritt geradezu lässig ans 200-Liter-Fass. Ein kräftiger Schlag auf den Wechsel, noch ein kleiner hinterher, und der Zapfhahn sitzt.

Anzapfen mit nur zwei gekonnten Schlägen: Für den 37-jährigen Festwirt Thomas Vollmer nichts Ungewöhnliches, vielmehr völlig normal (was er selbst allerdings nie sagen würde, sympathisch-bescheiden wie er ist). Mit 16, beim ersten Mal, gab's noch eine kleine Bierfontäne, doch die Zeiten sind längst vorbei. Schliesslich hatte er einen guten Lehrmeister: seinen Vater. Der ist nicht nur ein Meister im Umgang mit dem Schlegel: Augustiner-Wiesn-Wirt Manfred Vollmer hat sich auch der Bierpflege verschrieben - als gebürtiger Badener.

In der Augustiner-Festhalle fliesst das Bier noch aus echten 200-Liter-Holzfässern, aus den traditionsreichen Hirschen. Wird sonst auf der Wiesn aus Edelstahlcontainern ausgeschenkt, so haben die Schankkellner im "Augustiner" alle Hände voll zu tun. In diesem münchnerischsten aller Festzelte werden täglich um die 200 Hirschen angezapft, am Wochenende auch mal mehr. "Da brauchen wir Spezialisten", sagt Manfred Vollmer: "Geübte Holzfasskellner, von denen es gar nicht mehr so viele gibt."

Angeliefert werden die Holzfässer stets nachts aus den Lagerkellern der Brauerei. Von den Lastwagen kommen sie in die Kühlzellen des Festzelts, Ganterburschen schaffen die Fässer nach Bedarf zu den Schänken . . . Der Aufwand ist gross, doch die Festgäste - allen voran die Münchner - wissen's zu schätzen. Beim beliebten süffigen Edelstoff auf dem Holzfass treffen sich unzählige Stammtische im Augustiner-Festzelt.

C- und D-Promis, die das Blitzlicht in glitzernden Fantasie-Trachten suchen, gibt es in der beliebten Augustiner-Festhalle nicht. In den Boxen sitzt so mancher Wirtschafts- oder Finanzboss, der ganz in Ruhe seine Mass trinken mag.

Manfred und Thomas Vollmer stehen in der Mitte ihrer bereits vollständig dekorierten Festhalle. Die Freude steht beiden ins Gesicht geschrieben. "Das Zelt ist doch einfach ein Traum", sagt der Junior, und der Vater nickt: "Wir fiebern dem Wiesn-Start schon entgegen. Das ist Anspannung und Freude zugleich. Wiesn-Wirt sein zu dürfen, ist eine grosse Ehre."

Diese hat Manfred Vollmer seit 1988, und seither tut er alles, um die Augustiner-Wiesn-Tradition zu bewahren. Nach wie vor gibt es die charakteristische Zeltfront mit der barock geschweiften Giebelkonstruktion und dem typischen Kreisbogenfenster. Drinnen schmücken das Zelt über 90 Jahre alte Original-Trachtenfiguren. Die Kapelle sorgt für "traditionelle Blasmusik, nicht für Aufheizmusik", wie Vollmer sagt: "Bei uns tanzen weniger Leute auf den Bänken."

Auf das längst ebenfalls zur Tradition gewordene, mit Butter bestrichene "Augustiner-Hendl" freut sich schon die gesamte Familie. "Das erste Hendl gibt's gleich nach dem Wirte-Einzug", sagt Manfred Vollmers Frau Michaela, die sich im Augustiner-Festzelt um die Hausboxe kümmert: "Gut, dass es in einer Woche endlich losgeht. Uns hat's schon voll erwischt - das Wiesn-Fieber."

Alle Infos rund ums Zelt

Größe: 5600 Plätze im Zelt, 2400 im Garten.

Spezialität: Das berühmte, gut 1200 Gramm schwere „Augustiner- Hendl“, mit Fassbutter bestrichen und mit Petersilie gefüllt – außerdem Ente, Haxn, gefüllte Kalbsbrust . . .

Publikum: „Wir sind durch das Augustiner- Bier ein Münchner Stammtisch-Zelt“, sagt Manfred Vollmer: „Wir haben sehr viele Stammtische, die schon seit etlichen Generationen zu uns kommen."

Annette Baronikians

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