Die Stadt schließt öffentliche Klos

Das Kommunalreferat will 34 Anlagen dicht machen und die übrigen sanieren. Wenn sie mal müssen, sollen Bürger künftig 50 Cent bezahlen. Die CSU befürchtet Wildbiesler.
von  Julia Lenders
Eine öffentliche Toilette.
Eine öffentliche Toilette. © Martha Schlüter

Das Kommunalreferat will 34 Anlagen dicht machen und die übrigen sanieren. Wenn sie mal müssen, sollen Bürger künftig 50 Cent bezahlen. Die CSU befürchtet Wildbiesler

MÜNCHEN - Wer in München eine öffentliche Toilette benutzt, dem muss es ganz schön pressieren. Viele der Häusl sind in so desolatem Zustand, dass man sie kaum freiwillig aufsucht.
Schon seit einer halben Ewigkeit versucht die Stadt, das Problem ihrer WC-Anlagen in den Griff zu bekommen. Gestern haben Kommunalreferentin Gabriele Friderich und Bürgermeisterin Christine Strobl ein „Strategiekonzept” vorgestellt. Wie soll der Klo-Misere ein Ende bereitet werden?

Wie ist die Ausgangslage? Das Kommunalreferat verwaltet 73 „Bedürfnisanstalten”, wovon derzeit 70 geöffnet sind. Die meisten davon sind in U-Bahnhöfen. Für Betrieb und Unterhalt der Anlagen sind im Referats-Etat jährlich 1,2 Millionen Euro reserviert. Und trotzdem sind die Lokusse oft echte Schandflecken.

Eine Privatisierung der WCs scheiterte, weil die Bieter zu viel Geld für die Sanierung verlangten. „Selbst das beste Angebot hätte zu deutlichen Mehrausgaben geführt”, heißt es bei der Stadt.

Was soll jetzt geschehen? Das Referat will dem Stadtrat nächste Woche vorschlagen, 34 Anlagen dicht zu machen. Darunter die Toiletten an der Theresienwiese, am Stiglmaierplatz und sogar am Odeonsplatz. Die dortige Anlage habe eine sehr schlechte Bausubstanz und die Sanierung sei sehr aufwändig, lautet die Begründung. Insgesamt verspricht sich die Stadt, dass durch die Schließung 431000 Euro frei werden – zur Verbesserung der Lage in den anderen Lokussen, die renoviert werden sollen. Pro Bieseln sollen die Bürger künftig außerdem je 50 Cent bezahlen.

Welche Kriterien hat das Referat angelegt? Die Klo-Lektüre für den Stadtrat hat den Umfang eines Buchs. Darin wird detailliert dokumentiert, wie häufig die einzelnen Häusl aufgesucht werden. Die WC-Experten bei der Stadt haben die Besucher zwar nicht gezählt. Aber sie haben die durchschnittliche Nutzer-Frequenz der Toiletten aus den jeweiligen Wasserverbräuchen errechnet. Dabei kam heraus: In der Anlage am Marienplatz erleichtern sich täglich rund 3000 Passanten. In die Klos, die künftig geschlossen werden sollen, wagen sich täglich nicht mehr als durchschnittlich 160 Menschen.

Wie argumentiert die Verwaltung? Wenn alle öffentlichen WC-Anlagen zusammengerechnet werden, also auch die in Parks oder auf Friedhöfen, gibt es in München derzeit 120 Häusl. So gesehen, blieben nach der Schließung zwei Drittel davon übrig. Das seien immer noch mehr als in anderen Städten. Das Kommunalreferat schlägt außerdem vor, Ersatz-Lösungen zu suchen. So soll das Gespräch mit dem Hotel- und Gaststättenverband gesucht werden, damit Wirte ihre Toiletten auch Passanten zur Verfügung stellen. Im Gegenzug dürfen sie mit einem Reinigungszuschuss rechnen.

Was sagt die CSU? Sie findet, dass die Toiletten-Lösung „zum Himmel stinkt” und plädiert für einen Erhalt der WCs. Stadtrat Hans Podiuk befürchtet, dass sonst viele zum „Wildbieseln” verleitet werden. 

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