Die Stadt bläst zum Halali: Jetzt droht ein Fuchs-Massaker
Ein Knall. Dann peitscht die 5-Millimeter-Kugel aus dem Jagdgewehr durch die Schädeldecke des Tiers, spreizt sich im Gehirn aufs Zweieinhalbfache auf. Der Fuchs sackt in sich zusammen – und ist auf der Stelle tot.
So jedenfalls beschreibt es der Münchner Stadtjäger Wolfgang Schreyer, der mit seinen Kollegen im Auftrag der Stadt einrücken muss zum großen Halali – wenn es denn kommt: das große „Fuchs-Monitoring“.
Die Suche also nach der Verbreitung des Fuchsbandwurms unter den rund 2000 Münchner Füchsen. Dann muss die Stadt laut Kreisverwaltungsreferat (KVR) an die 100 Tiere für diese Untersuchung töten lassen.
Münchens Tierschützer sind entsetzt. „Das Töten von 100 Füchsen im Stadtgebiet ist eine absolut unverhältnismäßige Aktion“, sagt Tierschutzvereins-Sprecherin Judith Brettmeister. Bestürzt reagieren auch die Rathaus-Grünen. „München ist tierfreundlich. Dass für ein fragwürdiges Monitoring so viele beliebte Füchse sterben müssen, das darf nicht sein!“, empört sich Stadträtin Katrin Habenschaden. Und Fraktionschefin Gülseren Demirel fordert, dass hauptsächlich „als Fallwild aufgefundene Füchse“ verwendet werden sollen.
Die Münchner Stadtrats-CSU mit ihrer Vize-Fraktionschefin Evelyne Menges hatte die Jagd auf die Tiere Ende September im Stadtrat durchgesetzt, mithilfe der SPD – und gegen die Empfehlung des KVR, das die Gesamtkosten der Aktion auf 50 000 Euro schätzt und damit im Vergleich zum Nutzen für unverhältnismäßig einstuft.
Damit will die GroKo untersuchen, wie weit der gefährliche Parasit im Darm und in der Leber der Füchse im Stadtgebiet verbreitet ist. Und per flächenmäßiger Entwurmung der Füchse die Gefahr bannen, dass Menschen an der „alveolären Echinokokkose“ sterben – eine Infektion, die der Kontakt mit dem Kleinen Fuchsbandwurm auslöst.
Damit dieses Monitoring Sinn macht, müssen aber zwischen 200 und 300 tote Tiere untersucht werden. Allerdings erlegen die Stadtjäger im Schnitt nur 181 Füchse jedes Jahr (oder finden sie als Fallwild tot auf). Und nicht alle von denen sind für eine Untersuchung verwertbar. Heißt: es fehlen rund 100, die zusätzlich im Freiland geschossen oder in einer Falle gefangen und dann getötet werden müssen.
Fakt ist allerdings auch: Seit 2001 sind in Bayern nur sechs Menschen (von 12,4 Millionen Einwohnern) an alveolärer Echinokokkose gestorben. „Das waren vor allem Waldarbeiter und Förster“, argumentiert Judith Brettmeister.
Für Stadtbewohner sei die Gefahr, über die eigene Freigängerkatze oder einen mäusefressenden Hund mit dem Fuchsbandwurm in Berührung zu kommen, deutlich höher als sich über einen Stadtfuchs anzustecken.
„Wer sich schützen möchte, sollte deshalb lieber regelmäßig sein Haustier entwurmen“, so die Tierschützerin. Hinzu kommt: Der Tierschutzverein peppelt immer wieder verwaiste Jungfüchse auf, die im Stadtgebiet gefunden werden und wildert diese später wieder aus. „Dass diese Tiere nun erschossen werden sollen, ist absoluter Wahnsinn.“
Jetzt wartet der Stadtrat auf eine neue Beschlussvorlage aus dem KVR, in der die Räte die Kosten für das Unterfangen beschließen sollen. Kommt das Papier nicht in wenigen Wochen, wird es diesen Winter nichts mehr mit dem großen Halali. „Wenn die Füchse im April mit der Jungenaufzucht beginnen“, sagt Stadtjäger Schreyer, „ist die Jagdsaison erst mal vorbei.“