Die SPD watscht ihren Chef ab

München - Eine Woche Stillschweigen. Das hatte sich die Rathaus-SPD verordnet, nachdem vergangenen Montag bekanntgeworden war, dass Fraktionschef Alexander Reissl bei den turnusmäßigen Vorstandswahlen einen Gegenkandidaten haben wird. Und wider Erwarten: Die sonst recht redselige Partei hat durchgehalten, richtig eisern sogar.
Seit gestern Nachmittag spricht man in der SPD nun wieder. Um Viertel vor vier teilte die Stadtratsfraktion mit, dass sie auch in den nächsten beiden Jahren mit Reissl an der Spitze Rathauspolitik machen werde. Zumindest eine kleine Watschn haben die Genossen ihrem Chef auf dem Weg in die neue Amtszeit aber schon mitgegeben.
Ein richtig überzeugendes Ergebnis ist es nicht
Reissl bekam 14 Stimmen, sein Herausforderer Hans Dieter Kaplan, bislang stellvertretender Fraktionschef, kam auf neun. Richtig überzeugend sieht das nicht aus. Bereits im Vorfeld ist darüber spekuliert worden, dass die SPD-Stadträte ihrem Vorsitzenden einen kleinen Denkzettel verpassen wollen. Etwas zu poltrig sei der manchmal im Umgang, oft etwas zu wenig mitteilsam. Da wollten einige in der Fraktion gerne einen Kontrapunkt setzen.
Reissl ist natürlich viel zu sehr Politprofi, als dass er sich mit solchen Vorwürfen lange aufhalten würde. Der 58-Jährige ließ stattdessen ein offizielles Statement verbreiten, in dem er sich recht schlicht bei der Fraktion für das Vertrauen bedankt.
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Hinter Reissl rücken in der Führungsriege der Rathaus-SPD neue Kräfte auf. Mit Verena Dietl und Christian Vorländer hat die Fraktion nun zwei Vize-Chefs, die mit ihren 35 und 42 Jahren regelrecht jung für dieses Amt sind. „Wir senden damit ein klares Signal aus“, sagt Reissl. „Die Rathaus-SPD verfügt über junge und engagierte Spitzenkräfte, die noch viel vorhaben.“
Dietl und Vorländer übernehmen für Beatrix Zurek und Hans Dieter Kaplan. Zurek wird im Juli als Stadtschulrätin in das Kabinett von Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) wechseln. Und Kaplan hat nach seiner Niederlage gegen Reissl nicht noch einmal als Stellvertreter kandidiert. Der 60-Jährige kann sich aber zumindest damit trösten, bei seinem Abschied aus der vordersten Reihe seinem Chef noch ordentlich Stimmen abgeknöpft zu haben.