"Die SPD steckt nicht dahinter": Neuer Wirbel um Aiwangers Flugblatt-Affäre

Die Redakteure der "Süddeutschen Zeitung" widersprechen im Presse-Club entschieden bösen Absichten in der Flugblatt-Affäre um Hubert Aiwanger.
von  Ralf Müller
Hubert Aiwanger (Freie Wähler) geriet durch die Flugblatt-Affäre unter Druck.
Hubert Aiwanger (Freie Wähler) geriet durch die Flugblatt-Affäre unter Druck. © picture alliance/dpa

München - "Verschwörungstheorien" rund um die Veröffentlichung in der bayerischen Aiwanger-Flugblattaffäre entbehren nach Angaben der maßgeblich beteiligten Journalisten jeder Grundlage. "Wir haben etwas angestochen, was vorher schon da war", sagte der Leiter der Bayernredaktion der "Süddeutschen Zeitung" (SZ) Sebastian Beck in einem "Werkstattgespräch" des Münchener Presseclubs.

Mit der Veröffentlichung der Vorwürfe gegen den stellvertretenden bayerischen Ministerpräsidenten Hubert Aiwanger (Freie Wähler) seien keinerlei "politische oder moralische Absichten" verbunden gewesen.

SZ wehrt sich gegen "Verschwörungstheorien" nach Aiwangers Flugblatt-Affäre

Die Zeitung hatte Ende August von einem rassistischen antisemitischen Flugblatt berichtet, dass vor 36 Jahren im Schulranzen des heutigen bayerischen Vizeministerpräsidenten gefunden worden war. Der Schüler Aiwanger war daraufhin vom Disziplinarausschuss seines Gymnasiums zu einem Strafaufsatz verdonnert worden. Nach der SZ-Veröffentlichung hatte sich Helmut Aiwanger, Bruder des Politikers, als Urheber des Pamphlets genmeldet.

Beck dementierte Vermutungen, wonach die SZ schon seit 2008 im Besitz des Flugblatts gewesen sei, aber nur den geeigneten Augenblick in der Karriere des Hubert Aiwanger für die Veröffentlichung abgewartet habe. "Wie blöd wäre das?", sagte der Journalist. "Verschwörungstheoretiker", welche eine Operation der SPD hinter der Affäre vermuteten, müsse er ebenfalls enttäuschen, sagte Beck.

Gegen den ehemaligen Lehrer von Hubert Aiwanger gibt es wüste Beschimpfungen

Die Hinweisgeber, die sich Ende Juli an die SZ gewandt hätten, seien vielmehr ehemalige Schüler des Gymnasiums im niederbayerischen Mallersdorf-Pfaffenberg. Für den inzwischen pensionierten Lehrer Aiwangers, der den SZ-Redakteuren daraufhin das Original-Flugblatt aushändigte, seien inzwischen seine schlimmen Befürchtungen wahr geworden. Nachdem die "Bild"-Zeitung ihn mit Foto und vollem Namen veröffentlicht habe, könne er sich vor Beschimpfungen und Beleidigungen nicht mehr retten, berichtete Beck.

Die Recherchearbeit war wohl auch eine Art Wettrennen mit der "Spiegel"-Redaktion. Jedenfalls sei falsch, wenn Aiwanger behaupte, der "Spiegel" habe die Geschichte um Aiwangers mögliche rechtsextreme Vergangenheit nicht veröffentlicht, weil die Geschichte zu dünn gewesen sei, betonte der Bayern-Chef der SZ.

Frühere Mitspieler bezeichneten Hubert Aiwanger als "Klassen-Nazi"

In der SZ-Redaktion hat man nach den Worten von Teamleiterin Katja Auer auch schon vor der Veröffentlichung damit gerechnet, dass "irgendwann der Bruder" auftauchen könnte. Denn ein Schriftgutachten hatte erwiesen, dass das Flugblatt auf derselben Schreibmaschine getippt worden war wie später Hubert Aiwangers Facharbeit. Dass Bruder Helmut das Pamphlet verfasst habe, sei zwar nicht widerlegbar, aber die SZ-Journalisten können daran nicht so recht glauben.

Im Zuge der Recherchen habe man versucht, möglichst alle Mitschüler der Aiwangers zu Aussagen zu bewegen, hieß es. Von denen, die zu Angaben bereit waren, sei Hubert übereinstimmend als "Nazi durch und durch" und "Klassen-Nazi" charakterisiert worden, während Bruder Helmut eher das Bild eines "coolen Schluffis" abgegeben habe. Die Lehrer, die das Flugblatt in Huberts Schulranzen entdeckt hatten, seien alle überzeugt gewesen, dass der spätere Minister der Verfasser gewesen sei.

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