Die Schwestern Grimm befreien die Märchen

Die Multi-Talente Katharina Ritter, Gabi Altenbach und Cordula Gerndt bringen sämtliche „Kinder- und Hausmärchen“ zum Vortrag – und fragen nicht nach deren Moral.
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Die Multi-Talente Katharina Ritter, Gabi Altenbach und Cordula Gerndt bringen sämtliche „Kinder- und Hausmärchen“ zum Vortrag – und fragen nicht nach deren Moral.

Der Durchschnittsmensch, sagt Katharina Ritter, kennt vielleicht fünf bis zehn Märchen. Die Brüder Grimm haben aber 200 Märchen aufgezeichnet in ihren ab 1812 erschienenen „Kinder- und Hausmärchen“. Diesen „unglaublichen Schatz“ will Ritter, mehrfach ausgezeichnete Geschichtenerzählerin mit Wurzeln im Bregenzer Wald, mit ihren Kolleginnen Gabriele Altenbach und Cordula Gerndt den Münchnern jetzt nahebringen. Und bei der Gelegenheit die „Märchen befreien“.

Dazu später, jetzt erstmal der Ablauf. Beginn der Märchenstunden unter der Überschrift „Ganz Grimm“ ist diesen Donnerstag. Ab dann werden jeweils einmal pro Monat, am letzten Donnerstag, bei ars musica im Stemmerhof fünf Märchen erzählt, immer hübsch der Reihe nach, wie sie im Buch stehen. „Bei KHM geht es los und endet mit KHM 200“ schreiben die Erzählerinnen augenzwinkernd auf ihrer Ankündigung. KHM ist die wissenschaftliche Abkürzung für Kinder- und Hausmärchen. Vier Jahre dauert’s, bis alle Märchen dran waren. Dann ist das Jahr 2012, dann jährt sich das Erscheinen der ersten Grimm-Sammlung zum 200. Mal. Passt doch.

Und was war das jetzt mit der Befreiung der Märchen? Ritter sagt, die Geschichten werden endlich „entstaubt“ und keinesfalls zensiert. Nach der Moral einer Geschichte darf man sie jedenfalls nicht fragen. Weil es, sagt sie, keine Moral gab in der Mündlichkeit. Die Leute haben sich die Sachen erzählt, weil sie Spaß dran hatten. Auch an frechen, lustigen, absurden, gruseligen, gemeinen Geschichten.

So eine kommt gleich beim ersten Abend zum Vortrag. „Katz und Maus in Gesellschaft“. Klingt abenteuerlich, wird es auch, weil nämlich die Maus, nachdem sie sich eingelassen hat auf eine WG mit der Katze, erst dauernd übers Ohr gehauen und am Ende – genau: doch verspeist wird. Katharina Ritter liebt diese Geschichte. Überhaupt, man braucht sich gar keinen Illusionen hinzugeben. Die Brüder Grimm (bitte nicht: Gebrüder) wollen nicht immer erziehen. Sie sind gern politisch inkorrekt. Ansonsten wird zum Auftakt – was ja Zufall ist – eine Menge Bekanntes erzählt: Froschkönig, Marienkind, Einer der auszog, das Fürchten zu lernen, Der Wolf und die sieben Geißlein.

Soviel steht fest, Langeweile wird keine aufkommen. Denn die Erzählerinnen haben sich zwar einen festen Rahmen für ihr einzigartiges Projekt gezimmert. Aber sie fühlen sich vollkommen „frei in der Form“. Was das heißt? Das heißt, dass sie vielleicht ein Märchen auch mal rückwärts erzählen werden, dass Ritter ins Alemannische verfällt, wie es zuhause im Bregenzer Wald gesprochen wird. Mal werden sie zu dritt sein auf der Bühne, es wird Soloprogramme geben und eventuell auch mal eine Märchennacht. Das Programm richtet sich, das weiß man jetzt, an Erwachsene. Wer zuhört, wird, sagt Ritter, „Teil der Geschichte und macht sich seine Bilder selbst im Kopf“.

Andrea Kästle

Donnerstag, 30. Oktober, 20Uhr, Plinganserstraße 6, Tel. 54320513. www.geschichtenerzählerin.de

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