Die S-Bahn-Falle
MÜNCHEN - 18-Jährige rutscht in die Spalte zwischen Zug und Wartestreifen, Passanten helfen ihr gerade noch rechtzeitig, bevor die S 8 losfahren konnte.
Plötzlich ging’s nach unten: Alexandra Hollerith (18) rutschte beim Einsteigen in die S-Bahn in den Spalt zwischen Zug und Sicherheitsstreifen. „Ich steckte bis zur Hüfte fest.“ Das Unglück kann sich ihr Vater Bernhard nur damit erklären, „dass meine Tochter eher schmächtig ist“.
Es war am vergangenen Montag. „Ich wollte mir ein paar schöne Stunden mit meiner Oma machen“, erzählt die 18-jährige Alexandra. Die beiden trafen sich in der City. „Wir sind auch noch schön essen gegangen“, so die Großmutter Ingeborg Robel (68). Gegen 14 Uhr sollten sich die Wege von Oma und Enkelin trennen – auf dem Bahnsteig der Haltestelle Isartor.
Gerade fuhr die S 8 Richtung Flughafen ein, die Bahn von Alexandra, die in Johanneskirchen wohnt. „Meine Enkelin hat sich beim Einsteigen umgedreht und mir noch einmal zugewunken“, erinnert sich Ingeborg Robel voller Schrecken. „Und auf einmal war sie weg.“
Abgerutscht in die Tiefe. „Es ging alles so schnell, dass ich mich kaum erinnern kann“, so Alexandra. Bis zur Hüfte steckte sie zwischen Bahnsteig und Zug fest, erlitt Blutergüsse und eine Verstauchung am Handgelenk. Beherzt griffen Wartende am Gleis ein, zogen die 18-Jährige nach oben – gerade noch rechtzeitig, bevor die S 8 losfuhr.
"Mind the gap" warnen die Londoner
„Unfälle beim Einsteigen passieren selten“, sagt eine Bahnsprecherin, „könnten durch die entsprechende Aufmerksamkeit jedoch leicht vermieden werden.“ Dem stimmt Andreas Nagel vom Münchner Fahrgastverband zu: „Man unterschätzt die Gefahr.“ In London zum Beispiel wird darauf fast im Minutentakt hingewiesen – „mind the gap“ („achten Sie auf die Lücke). Mehr Vorsicht wie im gesamten Verkehrsgeschehen fordern die Experten von Bahn und Fahrgastverband.
Das hilft Alexandra Hollerith, die am kommenden Montag eine Ausbildung als Fachkraft für Schutz und Sicherheit beginnt, jetzt auch nicht weiter. „Ich habe mich ja nur kurz zu meiner Oma umgedreht.“ Dass sie überhaupt in die Spalte fallen konnte, führt ihr Vater Bernhard Hollerith, Beamter in der Einsatzzentrale des Polizeipräsidiums, auf die zarte Figur seiner Tochter zurück. Nach dem Schreck möchteder Vater ganz ausdrücklich allen danken, die so schnell geholfen haben. „Das war eigentlich ein zweites Leben, dass meiner Tochter geschenkt worden ist.“ Barbara Brießmann