Die Roy-Bar macht dicht: Ende einer Szene-Legende

München - Die ersten Tränen flossen schon und viele weitere werden fraglos folgen. Schließlich verlieren unzählige Stammgäste ihr "zweites Wohnzimmer" - und die Münchner Gastro-Szene wird um eine weit über die Stadtgrenzen hinaus beliebte Institution ärmer.
Tina Turner oder Michael Jackson: Im Roy gingen internationale Stars aus und ein
Nach über vier Jahrzehnten schließt das Bar-Bistro Roy am Sendlinger-Tor-Platz, wo sich internationale Top-Stars wie Michael Jackson, Sir Peter Ustinov, Tina Turner oder das Magier-Duo Siegfried und Roy die Klinke in die Hand gaben. Wo dereinst der große Luciano Pavarotti speiste, Chris de Burgh seine spätere Ehefrau kennenlernte oder Udo Jürgens ein kleines Privatkonzert gab.

"Ich höre auf wegen der unsicheren Zukunft", sagt Roy-Chef Günther Grauer der AZ. Zum einen sei da natürlich die Corona-Pandemie samt Lockdown, was gerade ein Nachtlokal mit voller Härte treffe. Zum anderen werde das gesamte Gebäude, in dem sich das Roy befindet, Anfang 2022 grundsaniert. Dem Einvernehmen nach wäre damit wohl ohnehin das Ende des legendären Plüsch-Lokals besiegelt gewesen.
Chef Grauer fällt der Abschied von der Szenebar schwer
"Es fällt mir schon sehr schwer", sagt der sonst so muntere Günther Grauer, der auch Event-Veranstalter und Präsident der Faschingsgesellschaft Narrhalla ist, ganz leise. Gedankenversunken blickt er in seinem Roy um sich: "Hier steckt so viel Herzblut drin."

Begonnen hatte alles 1978, als der Namensgeber des Roy, der ebenso charmante wie perfekte Gastgeber Roy Dubowy, am Sendlinger-Tor-Platz das frühere (seit 1959 bestehende) Café seiner Mutter übernahm. Dubowy, der heute vor allem in Italien lebt, erschuf das gemütliche 60-Plätze-Lokal mit Sitznischen, handgemalten Wandgemälden, großer Mahagoni-Bar und stets wechselnder, höchst imposanter Dekoration.
Alle vier Wochen bekam die Bar einen neuen Look
Alle vier Wochen wurde unter enormem Aufwand alles neu geschmückt. Noch heute stapeln sich die Deko-Kartons im Lager des Lokals, wo man der Tradition des großen Umschmückens bis heute treu blieb. "Acht mal im Jahr wird immer noch gewechselt", erzählt Günther Grauer, in dessen Lokal derzeit die mehr als üppige Herbst-Deko prangt. Unter vielem anderen hängen von der Decke unzählige kleine Kürbisse, bunte Drachen und Hexen.
Es gibt so viel zu entdecken, dass man gar nicht recht weiß, wohin man zuerst schauen soll. Und genau das war es auch, was von Anfang an Gäste angelockt hat - mal abgesehen vom feinen Dinieren und dem damals größten Champagner-Angebot der Stadt. "Die saisonalen und Motto-Dekorationen haben die Gäste natürlich immer neugierig gemacht", erzählt Grauer und wühlt sich durch Stapel von Fotos. Unzählige hängen auch an den Wänden des Roy, wo sich schnell Stars von Nah und Fern wohlgefühlt haben.
Roy Dubowy hat ein außergewöhnliches Lokal geschaffen
Gilt doch seit jeher: Wer mag, bleibt für sich (wer nicht, bekommt Blitzlichtgewitter). Außerdem wird jeder gleich behandelt und umsorgt, ob prominent oder nicht. Letzteres traf auf Günther Grauer zu, als er dieses außergewöhnliche Lokal und dessen Gründer, Roy Dubowy, zum ersten Mal kennenlernte. Das war in den 90er Jahren. Damals hatte Grauer noch einen Landgasthof in Starnberg, wo er auch als "Singender Wirt" auftrat. Ein Engagement führte ihn ins Roy, etliche weitere - auch mit Petra Perle als Duo Geschwister Pfundig - folgten und schließlich blieb er ganz: erst als Geschäftsführer und schließlich als alleiniger Inhaber.

Nachdem Roy Dubowy, übrigens Patenonkel von Chris de Burghs schöner Ex-Miss-World-Tochter Rosanna, sein berühmtes Roy 1999 verkauft hatte, fürchteten nicht wenige, dass dies das Ende des Promi-Lokals sein könnte. Doch der erfolgreiche Wirt und Entertainer Günther Grauer schaffte es, die Institution moderat zu modernisieren und in die Zukunft zu führen.
Das "zweite Wohnzimmer" Münchens macht zu
Durch seine guten Kontakte in die Schlagerbranche kamen fortan auch Künstler wie Semino Rossi, Heino oder Florian Silbereisen. Viele traten im Roy auf, wo einer besonders oft auf der kleinen Bühne stand und sang: Grauer selbst, stets umjubelt von den Stammgästen.
Diese werden jetzt nicht nur ihn vermissen, sondern auch ihr geliebtes "zweites Wohnzimmer", das eigentlich dieser Tage mit der opulenten Weihnachtsdeko geschmückt worden wäre. Diese bleibt nun in den Kisten, das Roy geschlossen. Er ist ausgeträumt der Traum von Münchens legendärem letzten Plüsch-Lokal.