Die Reiterstaffel der Polizei München

Ob bei der Suche nach Vermissten oder wenn Fußballfans aneinander geraten – die 32 Beamten der Reiterstaffel flößen Respekt ein. Jedes Jahr rücken sie zu rund 1300 Einsätzen aus.
von  Nina Job
Polizeihauptkommissar Markus Huttner (31) führt Deutschlands größtes Polizeipferd in den Hof. Wallach Quant ist 1,92 Meter groß.
Polizeihauptkommissar Markus Huttner (31) führt Deutschlands größtes Polizeipferd in den Hof. Wallach Quant ist 1,92 Meter groß. © Katharina Alt

München - Anerkennend klopft Denise Brandl ihrem Dienstpferd Attila auf den Hals. Immer und immer wieder ist die 37-jährige Polizistin bei Minusgraden auf dem zwölf Jahre alten Wallach auf eine grölende, Fahnen schwenkende Menge zugeritten.

Eigentlich ist ihr tierischer Begleiter ja ein Fluchttier. Seine Instinkte würden Attila lieber fliehen lassen. Trotzdem lässt sich das Pferd von seiner Reiterin mitten hinein lenken in die hysterische Menge.

Die Polizeihauptmeisterin und ihre Kollegen von der Reiterstaffel üben mit den Pferden, rivalisierende Gruppen auseinander zu treiben und brenzlige Situationen zu entschärfen. Einmal im Monat findet dieses Training bei der Reiterstaffel in Daglfing statt. Die „Störer“ werden von Polizisten der Einsatzhundertschaft gespielt. Es ist eine typische Einsatzsituation. „Wir wirken primär deeskalierend. Sobald wir auftauchen, ist in der Regel Ruhe. Da können Sie zuschauen“, erklärt Reiterstaffel-Chef Andreas Freundorfer.

13 Frauen und 19 Männer arbeiten bei der Polizei hoch zu Ross. Etwa 1300 Einsätze leisten sie pro Jahr, rund 50 davon sind Fußballeinsätze. Aber Denise Brandl ist auch im Englischen Garten, am Flaucher oder an Badeseen auf Streife unterwegs. Oder sie sucht nach Vermissten und Toten. In den Ställen der Reiterstaffel an der Schichtlstraße sind 34 Dienstpferde untergebracht.

Alle sind Wallache, die meisten Bayerische Warmblüter. Darunter auch Quant (20), Deutschlands größtes Polizeipferd. Er hat ein Stockmaß (Widerristhöhe) von 1,92 Meter und wiegt 850 Kilo. Er hat als einziger eine Doppelbox. Denise Brandl reitet seit ihrem zehnten Lebensjahr. Damit ist sie aber eine Ausnahme. Bei der Reiterstaffel werden auch Beamte genommen, die noch nicht reiten können. Wichtiger ist, dass sie fit sind. „Reiten ist körperlich sehr anstrengend“, erklärt Truppführer Markus Huttner (31). „Das ist vergleichbar mit täglich Joggen bei jedem Wetter.“

Bis zu ihrem Dienstende müssen die Reiter sportlich bleiben. Auch der älteste sitzt mit 60 noch täglich im Sattel. „Zur Reiterstaffel zu gehen, ist eine Lebensaufgabe. Das ist was für Idealisten“, sagt Huttner.

Am Mittwoch besuchte Innenstaatssekretär Gerhard Eck die Reiterstaffel. „Diese Einheit hat sich über Jahrzehnte hinweg sehr bewährt“, lobte Eck, der in seiner unterfränkischen Heimat selbst sieben Pferde besitzt. Seine beiden Kinder reiten Turniere. Auch für Polizeivizepräsident Robert Kopp, der alle Großeinsätze in München leitet, sind die Reiter-Kollegen nicht weg zu denken. „Die Staffel ist ein sehr gutes ergänzendes Einsatzmittel. Auch dort, wo man schlecht zu Fuß hinkommt.“

An einen Einsatz in unwegsamem Gelände denkt Denise Brandl nur ungern zurück. Vor fünf Jahren suchte sie nach einem Mann, der am Pfingstsonntag in der Isar ertrunken war. Am Ufer, vor einer Wiese, die unter Wasser stand, scheute Attila. „Er ging hoch und danach hat er sich an einem Stacheldrahtzaun alles aufgerissen. Ich dachte, das war’s, er muss eingeschläfert werden.“ Zum Glück konnte Attila gerettet werden.

Es gibt immer wieder heikle Situationen für die Reiter. „Als 1860 im November 2011 gegen Bochum spielte, gingen plötzlich Fans massiv aufeinander los. Es waren 100 gegen 100, viele hatten abgeschlagene Flaschen in der Hand. Wir waren nur fünf Kollegen. Allein gegen die alle“, erinnert sich die Reiterin. Aber auch damals bewahrte ihr Pferd die Ruhe und ging mitten hinein. Sie konnte sich verlassen auf Attila.

Durchgefroren steigt Denise Brandl nach dem Training vom Pferd. Gegen die Kälte helfen auch lange Unterhosen und gefütterte Reitstiefel nur wenig. Bei minus 15 Grad im Winter oder über 30 Grad im Sommer stundenlang im Sattel zu sitzen – auch das gehört dazu für die Polizisten hoch zu Ross.

 

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