Die Polizei stoppt den Geschenke-Kauf

Auf der Edel-Meile spielen sich seltsame Szenen ab: Der millionenschwere neue Besitzer der Luxus-Arkaden geht gegen seinen Mieter vor – und gewinnt: Niemand darf mehr in den Laden  
Thomas Gautier |
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Auflauf auf der Maximilianstraße: Arkaden-Besitzer Urs Brunner (M.) inmitten von Polizisten. Foto: T. Gautier
Auflauf auf der Maximilianstraße: Arkaden-Besitzer Urs Brunner (M.) inmitten von Polizisten. Foto: T. Gautier

Auf der Edel-Meile spielen sich seltsame Szenen ab: Der millionenschwere neue Besitzer der Luxus-Arkaden geht gegen seinen Mieter vor – und gewinnt: Niemand darf mehr in den Laden

MÜNCHEN - Der Polizist hat vier silberne Sterne auf der Schulter, aber die helfen ihm hier nicht. Der Besitzer der Arkaden in der Maximilianstraße, Urs Brunner, doziert über Untermietverhältnisse, Hauptmietverhältnisse und Nutzungsverhältnisse. Er ist Jurist. Der Hauptkommissar nickt. Er ist keiner.

Nach zwei Stunden entscheidet der Beamte am Samstagnachmittag: Der Bauzaun um den „Pashmina“-Shop bleibt. Irrwitzige Situation: Der Laden ist zwar geöffnet, die Kunden kommen aber nicht mehr hinein – die Polizei stoppt den Geschenke-Kauf. Der Polizist hat wohl keine Wahl. Hier müsste ein Richter her, der so viel von Gesetzen versteht wie Brunner – der Mann, der sich in seinem Objekt in der Maximilianstraße seit Tagen einen Miet-Kampf mit einem Schalverkäufer liefert (AZ berichtete). Die AZ ist beim Showdown dabei:

14.50 Uhr: Der Pashmina-Shop in der Maximilianstraße 6 ist geöffnet und verkauft seine Kaschmirwaren. Sehr zum Ärger von Urs Brunner, dem das gesamte Gebäude gehört. Er will hier neue Ladenflächen bauen und hat, wie er sagt, Pashmina „schon zweimal gekündigt“. Pashmina-Chef Marc Rückle sieht’s anders. In den anderen Läden nebenan läuft seit Dienstag der Abriss, er aber will bleiben. Strom, Wasser und Heizung sind abgestellt, um den Laden steht ein Bauzaun.

Am Freitag hat das Landgericht entschieden, dass der Vermieter, Brunners Firma Habeva, den Zaun bis Samstag, 15 Uhr, abbauen muss – sonst darf Ladenbetreiber Rückle einen Schlosser engagieren, um den Zaun zu entfernen. Der Handwerker steht parat.

Verkäuferin Ute Kaßner ist bester Stimmung. Seit Freitag dürfen die Kunden durch eine Tür im Zaun wieder in den Laden. Eine Frau kauft einen Schal – „aus Solidarität“, sagt sie. „Viele sind heute gekommen“, sagt Kaßner. „Sie drücken uns alle die Daumen.“ Draußen hat Rückle ein Schild aufgestellt mit dem Text: „Hurra! Wir sind noch da!“ Dann kommen weitere Kunden. Der Wachmann vor dem Zaun lässt sie durch – noch.

15 Uhr: Der Schlosser will knacken, da steht Vermieter Brunner vor ihm. „Das untersage ich Ihnen!“ Der Wachmann schließt die Gittertür.

15.26 Uhr: Zwei Polizisten rücken an. Rückle hat sie gerufen. Sie waren am Dienstag schon mal da. „Des wird ja zum Dauerthema!“, sagt der eine, „ich ruf’ mal den Chef.“

15.34 Uhr: Sieben Polizisten stehen um Brunner. Er erklärt, warum der Zaun bleiben müsse: Die Verfügung verpflichte die Habeva, den Zaun zu entfernen. Diese Firma sei aber nur ein „ehemaliger Vermieter“ des Pashmina-Shops. Jetzt sei die Firma Terrena zuständig – als Besitzer des Gebäudes. Die habe die Firma Brunner & Co. mit den Abrissarbeiten beauftragt. Und der gehöre der Zaun. „Die Habeva ist damit aus dem Spiel“, sagt Brunner. „Die Verfügung läuft ins Leere!“ Er habe das dem Gericht nicht erklären können. „Man hat uns ja kein rechtliches Gehör geschenkt.“

Alle drei Firmen gehören Brunner. Wenn man so will, vermietet und vergibt er an sich selbst. Der Hauptkommissar erkennt das – und meint: „Sie sind in allen drei Fällen der Geschäftsführer! Das ist doch das Gleiche.“ Brunner unterbricht ihn: „Juristisch gesehen spielt das keine Rolle.“

Vor den Arkaden hat sich ein Menschenauflauf gebildet. „Nur noch Miethaie hier“, ärgert sich ein Passant. Eine ältere Dame mustert Brunner abschätzig. Die Sympathien sind klar verteilt.

16.45 Uhr: Brunner hat gewonnen. Nach langen Telefonaten beschließt der Hauptkommissar: Der Zaun bleibt – vorerst.

Jetzt soll das Landgericht klären, ob die Verfügung auch für die anderen Firmen gilt – und ob der Kauf-Käfig endgültig weg muss. Oder ob Brunner Recht hat - und der Pashmina ausziehen muss.

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