Die Narrhalla-Mission: Wirklich allen Freude bringen!

München - Zuerst wippt ein wenig der rechte Fuß, dann klatscht Erna M. (93) im Takt der Musik eifrig mit - und auch mit Maske im Gesicht sieht man an ihren Augen, wie sehr sie strahlt. Neben ihr, ebenfalls dick eingepackt im Rollstuhl, sitzt Therese H. (89), bei der auf einmal Tränen kullern.
Die Narrhalla "möchte allen Menschen Freude bringen"
Freudentränen, wie sie der AZ versichert, und dann von einem unvergessenen Tirol-Urlaub mit ihrem geliebten verstorbenen Mann erzählt: "Da kommen mit dem Lied so viele schöne Erinnerungen."

Mit "dem Lied" meint die zarte 89-jährige Münchnerin das legendäre Kufsteinlied. Selbiges hat Narrhalla-Präsident und Entertainer Günther Grauer soeben stimmgewaltig im Garten des BRK-Seniorenheims Pasing-Westkreuz angestimmt - begleitet von einem Chor aus Präsidiumsmitgliedern und Elferräten.
Diese tragen prunkvolles Ornat, sind fesch herausgeputzt mit ihren verzierten Samt-Capes und großen Federkappen. Und allesamt haben sie eine gemeinsame Mission. "Wir wollen Freude bringen, gerade auch jenen Menschen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen", sagt Präsident Grauer und stimmt sogleich das nächste Schunkellied an.
Über 70 Prozent der Veranstaltungen finden außerhalb von Ballsälen statt
Was viele nicht wissen, zumal die Narrhalla (gegründet vor 128 Jahren) kein großes öffentliches Bohei darum macht: Die traditionsreiche Faschingsgesellschaft, die alljährlich das offizielle Münchner Faschingsprinzenpaar stellt, sorgt zwar für Spaß und Gaudi.
Doch dies wird mit viel ehrenamtlichem und auch finanziellem Engagement breitgefächert im sozial-karitativen Bereich eingesetzt. Über 70 Prozent aller Veranstaltungen haben weit weniger mit Glanz und Gloria in schicken Ballsälen zu tun.

Normalerweise bestreitet die Narrhalla in einer Faschingssaison mehr als 200 Termine. In diesen (Corona-)Zeiten sind zumindest wieder knapp 100 möglich: In der Regel draußen an der frischen Luft und stets unter sehr strengen Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen.
So erfreuen die Mitglieder mit ihren farbenfrohen Auftritten in Höfen, auf Vorplätzen und Co. mal Kindergartenkinder, mal alte Menschen oder letzte Woche auch Pflegekräfte. Wenn sie nicht Krapfen (bisher schon über 3000!) als kulinarische Präsente dabei haben, gibt es auch Bratwurst.
Premiere: Die "königlich-narrische Bratwurst"
Zusammen mit Metzger-Innungsmeister Andreas Gassner wurde heuer eine "Königlich-narrische Bratwurst" kreiert. Mit dem Würstl-Wagen von Ex-Faschingsprinz und Schausteller Christian Schöttl ging's unter anderem bereits zum Münchner Waisenhaus oder zuletzt zur Landesschule für Körperbehinderte.

"Ein Lächeln ist der schönste Lohn"
Während die einen fleißig beim Wurst-Braten und -Verteilen waren, sorgten die anderen für Unterhaltung. "Klar, ist es draußen kalt", sagte die zehnjährige Anna von der Jugendgarde der AZ: "Doch ich und meine Freundinnen, wir sind ja gesund. Wir tanzen gerne für die Menschen, die leider nicht so ganz gesund sind."
Damit rührte das Mädchen in kurzer Latzhose beim Auftritt vor der Landesschule nicht nur ihre Mutter. "Darum geht es", so Elferrat Sebastian Kriesel: "Ob Groß oder Klein, wir wollen ein Lächeln zu den Menschen bringen und bekommen ein Lächeln zurück." Nicken um ihn herum. "Wir bekommen den schönsten Lohn. Was mehr kann man sich wünschen", fügte die amtierende Faschingsprinzessin Elisabeth II. hinzu, während sie sich mit begeisterten Fans fotografieren ließ.

"Man muss aus jeder Situation das Beste machen"
Mit Tanzen sieht es für die Prinzessin derzeit nicht gut aus: Ihr Partner fehlt. Prinz Leonard I. wurde positiv getestet und ist in Quarantäne. Dafür tanzt nun das Jugendprinzenpaar, Leopold I. und Amelie I., bei den Auftritten länger als ursprünglich geplant. "In diesen Zeiten muss man oft spontan reagieren", erzählt Präsident Grauer, der dieser Tage immer wieder Marmeladen-Paletten an soziale Einrichtungen wie die Münchner Tafel ausliefert: Eine Großspende der Firma Zentis.
"Ohne unsere großzügigen Sponsoren, denen wir sehr dankbar sind, wäre so manches nicht möglich", so Grauer. Einige Sponsoren fielen aufgrund der Corona-Krise weg, doch der Narrhalla-Chef bleibt positiv: "Man muss aus jeder Situation das Beste machen."
Das tut die Narrhalla fraglos. Ob ein neuer Kindermalwettbewerb, ein Online-Angebot zum Mitschunkeln für daheim oder Live-Auftritte draußen bei zapfigen Temperaturen: Die allesamt ehrenamtlich tätigen Mitglieder lassen nichts unversucht, auch in unlustigen Zeiten für Freude und Abwechslung zu sorgen. Präsident Grauer nennt das "unsere Berufung". Fraglos eine achtbare.