Die Münchner wollen wieder reisen - ein bisserl
München - Angela Trampert hat vor einiger Zeit beschlossen, nicht mehr ständig erreichbar zu sein. Sie arbeitet im Tourcenter-Reisebüro an der Landshuter Allee, dessen Inhaber ihr Mann ist.
Münchner zeigen zurückhaltendes Buchungsverhalten
Monatelang gingen Anrufe bei ihr ein, von Münchnern, die eigentlich nur eines wollten: Informationen über Reisebestimmungen. "Das ist mir mittlerweile zu anstrengend. Das Frustrierende ist, dass niemand bucht. Wir werden seit Monaten für diese Arbeit nicht bezahlt."
Jetzt sind viele Regeln gelockert. Doch das Buchungsverhalten der Kunden sei nach wie vor sehr zurückhaltend, heißt es auf AZ-Nachfrage aus Münchner Reisebüros. "Ein klein wenig mehr Nachfrage haben wir schon, aber nicht bemerkenswert", berichtet Trampert. Erst Anfang Juni wolle sie wieder ins Büro gehen. "Das Problem ist, dass die Kunden nach wie vor nicht planen wollen, die Regeln ändern sich ständig und das ist ihnen zu unsicher", erklärt sie.
Eine ähnliche Erfahrung macht Anastasia Spiridonidou. Die Geschäftsführerin des alteingesessenen Giesinger Reisebüros "Urlaubs Momente" hat ebenfalls stark zu kämpfen: "Unsere Branche trifft es wirklich am härtesten. Die Gastronomie ist auch stark betroffen, aber da ist wenigstens noch ein To-go-Geschäft möglich, bei uns geht seit Monaten überhaupt nichts", sagt sie.
Die meisten Buchungen für Spanien oder Griechenland
Auch ihre Kunden zögern trotz der Lockerungen weiter: "Wir haben sehr viele Stammkunden, es gibt uns schon seit 35 Jahren. Aber der große Schwung ist noch nicht gekommen", berichtet Spiridonidou. Fernreiseziele empfänden ihre Kunden als zu riskant. Die meisten Buchungen, die jetzt eingingen, seien für Spanien oder Griechenland.
"Selbst wenn keine Quarantänepflicht bei An- und Rückreise besteht, alleine die Testpflicht führt oft schon zur Verunsicherung. Wenn man an entlegene Orte reist, weiß man nicht, ob man einen PCR-Test organisieren kann, der bei der Rückreise nach Deutschland noch 48 Stunden gültig ist. Das schafft große Unsicherheit."
"Ohne die staatlichen Hilfen hätten wir nicht überlebt"
Die Kunden von Gabriel Sotgiu nehmen grundsätzlich mehr in Kauf. Sein Reisebüro Eurostar Lastminute am Hauptbahnhof betreut neben normalen Urlaubern auch viele Münchner, die ihre Familie in anderen Ländern besuchen. Die komplizierten Bestimmungen und die Quarantänepflicht haben es ihnen besonders schwergemacht. "Das sind wirklich harte Schicksale", berichtet Sotgiu. "Viele Menschen, die hier arbeiten, haben ihre Familien schon eineinhalb Jahre lang nicht mehr gesehen." Er spüre nun aber einen deutlichen Anstieg bei den Buchungen.
"Wir hatten auch während der Pandemie noch Kunden, die trotzdem ihre Familien besucht haben und die Bestimmungen in Kauf genommen haben, aber deutlich weniger als vorher." Es sei für ihn sehr schwer gewesen, das Reisebüro zu halten: "Ohne die staatlichen Hilfen hätten wir nicht überlebt", sagt Sotgiu.
Unterschiedliche Corona-Maßnahmen: Inlandsreisen sind schwer zu organisieren
Beholfen hat sich der Geschäftsführer mit einem kreativen Einfall. Da seine Ladenfläche eine große Fensterfront zur Straße hat, bot sich ein Straßenverkauf an. Er teilte den Laden und richtete auf der halben Fläche eine Eisdiele ein. Wenigstens ein klein wenig Urlaub to go also.
Einen positiven Aufschwung erlebt Daniela Köster. Sie ist Geschäftsführerin des Reisebüros Genusstouren in Trudering und bietet Fernreisen im gehobenen Sektor an. Spezialisiert hat sie sich auf Afrika und den Indischen Ozean. "Die Nachfrage zieht deutlich an, die Leute planen nun auch für den Herbst und den Winter", berichtet Köster. Besonders gut laufe Namibia.
Wer kurzfristiger plant, hat hingegen oft mit einem bizarren Problem zu tun. Inlandsreisen seien besonders schwer zu organisieren, da sich die Corona-Maßnahmen in jedem Bundesland unterscheiden.
Also von Bayern aus lieber ins nahe Ausland? Die Tourismusverbände in Südtirol und Tirol berichten von einem deutlichen Anstieg der Nachfrage durch deutsche Touristen, besonders für die Pfingstferien. Die Münchner wollen wieder reisen - zumindest ein bisserl.
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