Die Münchner Marihuana-Etagen-Plantage
München - Der Angeklagte steht während der Zeugenaussagen immer wieder auf und macht ein paar Schritte. Mit Billigung der Richterin. Schon das ist ungewöhnlich. Aber Stefan K. ist Schmerzpatient und bekommt durch langes Sitzen offenbar Krämpfe in den Zehen.
Marihuana-Plantage in Wohnung: Prozess beginnt
Auf das Schmerzmittel seiner Wahl muss der Untersuchungshäftling derzeit verzichten. In der JVA gibt es kein Marihuana. Jedenfalls nicht auf legalem Weg. Als er nachfragte, habe das Justizpersonal nur müde gelächelt. Stefan K. sitzt, weil er Marihuana im großen Stil angepflanzt hat, um seine Schmerzen zu behandeln. Er hat die Pflanze aber auch weiter verkauft. An andere Schmerzpatienten, wie er sagt.
245 Cannabispflanzen auf einer Etage
Über seinen Anwalt Thomas Pfister räumt er die Anklage der Staatsanwaltschaft, die ihm unerlaubten Besitz und unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln vorwirft, „im Wesentlichen ein“. Dabei geht es um Betäubungsmittel „in nicht geringer Menge“: Die Polizei fand nach einem anonymen Hinweis im 1. Stock des Hauses in Oberau 245 Cannabispflanzen, die bereits bis zu 110 Zentimeter hoch gewachsen waren.
Aus Wiesbaden rückte zur Verstärkung der lokalen Kräfte eine Tatortgruppe des BKA an, um das Rauschgift professionell zu ernten. Drei Tage haben Spurensicherung und Ernte in Anspruch genommen, berichtet ein Polizeibeamter des Bayerischen LKA. Als die BKA-Kollegen fertig waren, stand für die Ermittler fest, dass Stefan K. zum Zeitpunkt der Durchsuchung 14,765 Kilo getrocknetes und konsumfähiges Cannabis im Haus hatte.
Der Züchter selbst wandte in der Verhandlung am Dienstag allerdings ein, dass er nur etwa die Hälfte geerntet hätte. Normalerweise verwende er nur die Blüten und kompostiere die Blätter, um einen möglichst hohen Wirkstoffgehalt zu erreichen. Das sei für seine Schmerzen notwendig wie er im Selbstversuch herausgefunden habe.
„Cannabis – gegessen wie ein Stück Brot“
Dass er schon länger züchtet, gibt er zu. Bis zu drei Ernten pro Jahr gab die Marihuana-Plantagen-Etage her. Über die Hälfte habe er selber konsumiert, den Rest verkauft. Das Kilogramm für 8000 bis 12 000 Euro.
Er selbst habe das Cannabis in Kuchen- und Tablettenform konsumiert. Den Kuchen habe seine Verlobte zubereitet. „Cannabis habe ich gegessen wie ein Stück Brot“, erklärt er vor Gericht. Morgens das erste Stück, nachmittags ein weiteres. Dazwischen bei starken Schmerzen noch selbst hergestellte Cannabis-Tabletten. Nach einem Arbeitsunfall mit mehreren komplizierten Brüchen hatte der ehemalige Papierkaufmann zunächst eine „ganze Litanei von Schmerzmitteln“ bis hin zur Novocain-Spritze probiert. Nichts half wirklich.
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Eine Therapie lehnt der Angeklagte ab
Die Artzney haben ihm zudem Magenprobleme bis zum Magendurchbruch beschert. Jetzt nimmt er keine mehr. „Das Schmerzmittel meiner Wahl ist Cannabis“, bekennt er. Und das solle auch so bleiben. Eine Therapie lehnt er ab. Wenn er aus dem Gefängnis kommt, will er eine Erlaubnis erwirken, Cannabis legal über die Apotheke zu kaufen. Der Prozess dauert an.
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