Die Münchner CSU sieht rabenschwarz

„Was zählt, ist Durchhalten“ – das dürfte die Devisegewesen sein, mit der sich ein schwer enttäuschter Seppi Schmid (38) gestern durch den Abend kämpfte: Der OB-Kandidat der CSU holt nur 24,5 Prozent – und ist fassungslos.
von  Abendzeitung
Fassungslos: OB-Kandidat Seppi Schmid sieht die ersten Prognosen und erkennt, dass er ein unerwartet schlechtes Ergebnis erreicht hat. Versteinert hinter ihm: CSU-Stadtrat Walter Zöller.
Fassungslos: OB-Kandidat Seppi Schmid sieht die ersten Prognosen und erkennt, dass er ein unerwartet schlechtes Ergebnis erreicht hat. Versteinert hinter ihm: CSU-Stadtrat Walter Zöller. © Mike Schmalz

MÜNCHEN - „Was zählt, ist Durchhalten“ – das dürfte die Devisegewesen sein, mit der sich ein schwer enttäuschter Seppi Schmid (38) gestern durch den Abend kämpfte: Der OB-Kandidat der CSU holt nur 24,5 Prozent – und ist fassungslos.

„Ich habe ein ganz anderes Ergebnis erwartet“, gab der CSU-OB-Kandidat offen zu. 24,5 Prozent der Stimmen hatte Schmid gestern erhalten – noch 4,7 Prozent weniger als sein Kandidaten- Vorgänger bei der OBWahl 2002, Hans Podiuk. Bei der ersten Stadtratsprognose verlor die CSU satte 7,5 Prozent.

Dass es derart bitter werden würde, damit hatte in der CSU dann doch keiner gerechnet. Seppi Schmid war gerade auf dem Weg ins Kreisverwaltungsreferat, als die erste Hochrechnung kam. „Wir waren erst einmal fassungslos“, erzählt seine Frau Natalie. Dann hätten sich die beiden fest in den Arm genommen. „Das ist ein harter Abend für meinen Mann – wenn man so gekämpft hat, ist man natürlich enttäuscht.“

Ursachen-Analyse

Freilich begann in der CSU sogleich die Ursachen-Analyse. „Die Union hat in Deutschland derzeit insgesamt einen schwächeren Trend“, dozierte Münchens CSU-Chef Otmar Bernhard. Jetzt müsse im einzelnen hinterfragt werden, wie viele Stimmen der unpopuläre Transrapid oder das Rauchverbot gekostet hätten. Sicher war für Bernhard dagegen schon eines: „Wir haben im Wahlkampf keine Fehler gemacht.“ Seppi Schmid ätzte gegen die Parteikollegen in der Staatsregierung: „Ich glaube, dass das Nichtraucherschutz-Gesetz uns nicht unbedingt geholfen hat.“ Und bekam Rückendeckung von seinem Vorgänger Podiuk: „Man hat den Eindruck, dass das Ganze ein Denkzettel ist.“

Die Parteien verfolgten die ersten Hochrechnungen am Abend in eigenen Zimmern im Kreisverwaltungsreferat. Während die Türen der anderen Räume die meiste Zeit offen standen, schotteten sich die CSUler immer wieder ab. Mit langen Gesichtern hörten sie den alten-neuen OB Christian Ude im Fernsehen jubilieren. „Schalt’ den weg, den kann ich schon lange nicht mehr sehen“, maulte einer der Zuschauer.

Katerstimmung im Hofbräukeller

Katerstimmung herrschte zu gleichen Zeit im Hofbräukeller: Die gut 400 CSU-Anhänger, die zur Wahlparty gekommen waren, hatten sich zwar schon auf eine herbe Schlappe eingerichtet. Die Zahlen aber, die dann gegen 18 Uhr über die Bildschirme flackerten, lösten blankes Entsetzen aus. „Unser Seppi Schmid unter 25 Prozent, das gibt’s ja nicht!“, rief ein Mann im Trachtenjanker und stützte seinen Kopf in die Hände. Der Landtagsabgeordnete Ludwig Spaenle räumte eine klare Niederlage ein.

Im Saal kam es zu heftigen Debatten: „Georg Schmid hat uns das Rauchverbot eingebrockt, dem gehört ein Parteiausschlussverfahren angehängt“, forderte Horst Frischen aus Harlaching. „Uns fehlt der Stoiber, die anderen sind zu bauernmäßig“, zürnte Bernd Schröder aus Laim. Auf ihren Kandidaten Seppi Schmid wollten aber zumindest die CSU-Stadtratskollegen nichts kommen lassen. „Es wäre die allergrößte Dummheit, nach dieser Wahl den Kandidaten zu wechseln“, brach der künftige Polit-Rentner Helmut Pfundstein eine Lanze für Seppi. „Er ist ein sehr junger Kandidat gewesen, er muss sich noch profilieren“, meinte auch Otmar Bernhard. „Wir mussten erst einmal die Skandale der Vergangenheit (die Wahlfälscher-Affäre, Anm. der Red.) aufarbeiten – und den Weg gehen wir jetzt weiter.“ Ob Schmid nach seiner Wahlschlappe dabei vorangehen darf, wird sich noch zeigen.

J. Lenders, R. Hub

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.