Die Mehrweg-Macher: Münchner Gründer werben für wiederverwendbares To-go-Geschirr
München - Nur vier Monate noch, bis am 1. Januar 2023 alle Gastrobetriebe gesetzlich verpflichtet sind, für ihr To-go-Geschäft Mehrweg-Geschirr anzubieten. Bloß, so richtig herumgesprochen hat sich diese Pflicht noch nicht, weder bei den rund 9.000 Münchner Wirtinnen und Wirten, Café-, Standl- oder Kioskbetreibern – noch bei den To-go-Essern in der Stadt.
Deshalb rühren jetzt zwei junge Münchner Mehrweg-Gründer nochmal laut die Werbetrommel: Wirte, bitte rechtzeitig wiederverwendbare Becher, Bowls und Schüsseln bestellen – und vor allem: Liebe Bürger, bitte mitmachen!
Die Rede ist, erstens, von Fabian Eckert (32), dessen "Recup" und "Rebowl"-Erfindung die meisten Münchnerinnen und Münchner schon mal gesehen haben, viele benutzen die mintgrünen Kunststoffbecher und dunkelgrünen Schalen auch längst, wenn sie sich Kaffee oder mittags Bowls mit Salaten und Suppen zum Mitnehmen holen.
1.000 Mal kann dieser Becher benutzt werden, dann wird er recycelt
Mit einer Menge Weitsicht hat Eckert, der Wirtschaftspsychologe und Nachhaltigkeitsmanager ist, das Recup-Start-up schon 2016 gegründet und während der Pandemie das System auch auf Schüsseln erweitert. Es ist ein simples Pfand-System: Kaffee zum Mitnehmen im Recup-Becher (1 Euro Pfand) oder einen Salat in einer Rebowl-Schale (5 Euro Pfand) kaufen – und dann Becher oder Schale daheim spülen, beim nächsten Mal wieder mitbringen oder eben gegen das Rück-Pfand bei jedem Recup-Partnerlokal abgeben.
Die Becher lässt Eckert im Allgäu produzieren, die Bowls in Schleswig-Holstein – und inzwischen seien deutschlandweit "mehrere Millionen" Geschirrteile im Umlauf, von denen jedes 1.000 Mal verwendet werden kann, bevor es recycelt wird. Von den Gastrobetrieben in München machen bisher rund 600 mit (deutschlandweit 12.500). "Darunter Cafés, Foodtrucks, Tankstellen, Kantinen und die Filialen der Hofpfisterei", sagt Eckert. Wenn jetzt ein großer, neuer Ansturm von Wirten auf sein Geschirr kommt? "Das schaffen wir", sagt er, "wir haben so lange für die Mehrwegpflicht gekämpft, jetzt sind wir vorbereitet".
Kostenlos über App: Relevo funktioniert ohne Pfand
Der zweite junge Münchner Start-up-Gründer, der gegen die To-go-Müllberge ankämpft, ist der Betriebswirt und Innovationsmanager Matthias Potthast (32) mit "Relevo" (der Name ist aus dem Lateinischen abgeleitet, von relevare, erleichtern).
Seine Becher und Schalen gibt es auch aus bruchsicherem Glas mit Deckel, die schadstofffreie Kunststoffvariante in Weiß hat einen schicken Porzellanschimmer – und auch die ist an die 1.000 Mal wiederverwendbar. Der Unterschied im System, das es seit dem ersten Lockdown gibt: Relevo funktioniert ohne Pfand, sondern stattdessen kostenlos über eine App. Man holt seinen Salat in einer Relevo-Bowl (oder lässt ihn sich liefern), scannt dabei den QR-Code auf dem Geschirr in seine App – und gibt das Geschirr (durch Scannen des Rückgabeschildes) bei jedem Relevo-Partnerlokal innerhalb von 14 Tagen zurück.

250 Relevo-Lokale gibt es in München schon, "vor allem bayerische Wirtshäuser, Italiener, kleine asiatische Lokale", sagt Matthias Potthast, "auch die Rathaus-Kantine ist schon dabei – aber da ist noch viel Luft nach oben."
Das Fernziel der beiden Mehrweg-Macher? Dass niemand mehr to-go aus Wegwerfverpackungen kauft, natürlich. Allein in München macht das nämlich laut Abfallwirtschaftsbetrieb pro Jahr einen Berg von 2.000 Tonnen Müll aus, der dann wegfiele. Darunter täglich rund 190.000 Einweg-Kaffeebecher.
Matthias Potthast hat dazu einen simplen Spruch gefunden: "Lass dir keinen Müll andrehen."