Die Linke fordert: Reaktor in Garching nicht wieder hochfahren!
München - Also doch eine Störung am Reaktor. Acht Monate hat es gedauert, bis der Betreiber des Forschungsreaktors FRM II in Garching seine Einschätzung geändert hat. Der Zwischenfall im Frühjahr 2020, bei dem radioaktives C-14 ausgetreten war, wird nun schärfer bewertet: als Störung. Die Linke im Bundestag zweifelt, ob der Reaktor überhaupt wieder hochgefahren werden sollte.
Das Nuklid C-14 war in Form von radioaktivem Kohlenstoffdioxid über die Lüftung des Reaktors ausgetreten. Der für den FRM II festgelegte Grenzwert für diesen Stoff war damals um 15 Prozent überschritten worden. Im Mai hatte der Betreiber dies den Behörden gemeldet, allerdings hatte er den Vorfall auf der dafür genutzten Skala INES mit der Stufe 0 bewertet.
Forschungsreaktor seit März 2020 nicht im Betrieb
Erst im Januar 2021 stufte der Betreiber den Zwischenfall hoch, auf die Stufe 1: Störung. Die Münchner Bundestagsabgeordnete Nicole Gohlke (Linke) wollte nun vom Bundesumweltministerium wissen, warum diese Neubewertung so lange gedauert hat.

In der Antwort des Ministeriums, die der AZ vorliegt, heißt es dazu, dass die Einstufung im Frühstadium eines meldepflichtigen Ereignisses "unter Umständen schwierig" zu bestimmen sei, vor allem bei Ereignissen zwischen den Stufen 0 und 1.
Die Höherstufung sei nach erneuter Prüfung durch die Betriebsleitung anhand des INES-Handbuches und fachlichen Diskussionen erfolgt. Laut Handbuch muss ein Zwischenfall, bei dem mehr radioaktives Material austritt, als genehmigt ist (wie im Frühjahr 2020 geschehen), als Störung eingestuft werden.
Der Forschungsreaktor ist wegen Corona seit März 2020 nicht im Betrieb. Die zuständige Aufsichtsbehörde, das bayerische Umweltministerium, prüfe derzeit, ob und wann der Reaktor wieder hochgefahren werden kann, so das Bundesministerium weiter.
"Weiterbetrieb muss durch Atomaufsicht unterbunden werden"
Nach Ansicht von Nicole Gohlke sollte der Reaktor nicht wieder hochgefahren werden. Gohlke zur AZ: "Wenn der Betreiber nicht einmal in der Lage ist, eine Störung als solche zu identifizieren, muss der Weiterbetrieb durch die Atomaufsicht in Bayern und im Bund unterbunden werden."
Die "Scheibchentaktik" der Betreiber bei der Informationsweitergabe könne für Mitarbeiter und Anwohner lebensbedrohlich sein.
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