Die letzte Rettung heißt "Blöblöblöb"

Babybespaßung statt Bernd das Brot: das Wochenende von Tommy Krappweis (Erfinder von "Bernd das Brot).
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Florian Oswald Illustration

Babybespaßung statt Bernd das Brot: das Wochenende von Tommy Krappweis (Erfinder von "Bernd das Brot).

Samstag Morgen. Meine Frau Katrin hält mir unsere Tochter Finja Maria entgegen. Sie hat die Nase ihrer Mutter und die Verdauung ihres Vaters. Darum ist Finja in der Zeitspanne von „vor dem Wickeln“ bis „nach dem Wickeln“ vorrangig „meine“ Tochter.

Finja ist jetzt sieben Wochen alt, und ich versuche laufend, ihr irgendwelche Regungen abzuringen, die man als bewusste Reaktion auf meine Aktionen deuten könnte. Gestern hat sie angefangen zu lächeln, als ich ein besonders albernes Geräusch mit meiner Zunge machte: Blöblöblöb. Gerade hat sie wieder ein bisschen gelächelt. Fast. Glaub ich. Blöblöblöb.

Das Frühstück wird wieder im Stop-and-Go-Verfahren ablaufen, denn sobald wir unsere Tochter ablegen, macht sie ein Geräusch, das klingt, als hätten wir sie an einem Rasthof ausgesetzt.

Wie eine Feuerwehrsirene in der Paul-Heyse-Unterführung

Danach geht’s dann in die Stadt für ein paar neue Strampler, denn Finchen wächst schneller als die Staatsverschuldung. Der Aufzug in unserem Haus ist so eng, dass Kinderwagen plus Begleitperson gerade so hineinpassen. Der andere geht zu Fuß. Durch das Treppenhaus hallt die Stimme unserer Tochter wie eine Feuerwehrsirene in der Paul-Heyse-Unterführung. Blöblöblöb, Finchen mag nämlich keine Mützen, Blöblöblöb.

Aber Finchen mag Autofahren und wird darum im Bus den Schlaf der Unschuld schlafen. Ganz sicher werde ich beim Anblick des Kaufhof am Marienplatz wieder erstarren vor dem hässlichsten Bauwerk in ganz München gleich nach dem Schulzentrum Neuperlach Nord.

Und ich werde mich wieder darüber wundern, warum es diese Klamotten für Mädchen nur in Rosa gibt, wahlweise mit Winnie the Pooh, Tigger & Co. drauf, oder mit grobschlächtig geklöppelten Elefanten, die aussehen, als hätte sie der Schmied von Kochel mit seinem Hammer gestickt.

Im Kaufhof wird es sein wie immer: Wir betreten das Gewurl, sofort ist meine Frau zwischen den Regalen verschwunden und Finja beginnt zu wimmern. Ich trage sie hin und her und mache ungeachtet der anderen Menschen im Kaufhaus Blöblöblöb. Alle nur neidisch. Finja wird sich beruhigen und ich werde den Wagen mal wieder nicht mehr finden. Dafür wird meine Frau den Wagen finden, aber uns nicht. Doch dazu gibt es ja Gott sei Dank Handys. Und Funklöcher.

Dann machen wir uns wie jedes Mal auf die verzweifelte Suche nach dem Bus Nr. 52, der nach irgendeinem streng geheimen System laufend seine Haltestellen versetzt.

Press-and-click-Oberschale mit Twist-and-Shout-Baby

Im Aufzug wird sich der Wagen wieder so unmöglich in der Kabine verklemmen, dass man sich wundert, wie zum Teufel man den da reinbekommen hat. Gestern habe ich darauf mit dem Pragmatismus eines wahren Mannes reagiert und den Kinderwagen im Aufzug auseinander gebaut: Press-and-click-Oberschale mit Twist-and-Shout-Baby darin auf den Boden stellen und dann das Easy-Speed-Gestell mit den Air-Glide-Wheels und der Shop-to-go-Extension aus dem Aufzug bugsieren. Dabei schloss sich hinter mir der Lift und entführte meine Tochter ins Erdgeschoss.

Als ich unten atemlos ankam, starrte meine Nachbarin bereits stumm auf das einsame Baby im Aufzug. Ich versuchte, meine Nachbarin aufzuheitern mit ein bisschen Blöblöblöb. Die Nachbarin blieb stumm, aber Finja lachte. Süß! Seitdem würge ich den Wagen wieder ohne Umbau aus der Kabine und warte auf den Tag, an dem ich das System dahinter begreife, warum es mal geht und mal nicht.

Für den Samstagnachmittag wollte ich uns eigentlich einen Babysitter gönnen und rief dafür meinen alten Kumpel Bernd das Brot an. Er erklärte mir, dass er Klavierstunden hat und danach zum Basketballtraining muss. Ich gönne uns somit keinen Babysitter, sondern mir eine weitere Kopfschmerztablette und werde mich stattdessen durch den Abend blöblöblöbben.

Dafür fahren wir am Sonntag zu meinen Eltern raus nach Arget, wo dann die Großeltern den ganzen Tag lang Blöblöblöb machen. Das hört sich sehr lustig an. Meine Frau und ich werden inzwischen mit dem Gesicht nach unten im Garten liegen und in das klamme Gras nuscheln: ,Schee war’s, as Woch’nend’!

„Bernd das Brot“ heute im TV: 11.05 und 20.15 Uhr auf Kika.

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