Die Legende lebt - im Mieder hoch zu Ross
Wie sich Festwirt Georg Heide die berühmte Bräurosl in sein Festzelt holte und zum jodelnden Star machte.
Karolin Weidner ist gerüs-tet für ihren grossen Auf-tritt. "Ich hab' zwei Kilo abgenommen. Das Steifmieder sitzt perfekt", sagt sie, um für knapp 20 Minuten zu verschwinden - und fesch herausgeputzt im Dirndl mit kostbarem Silbergeschnür wieder zu erscheinen. Sie dreht sich in ihrem Wohnzimmer lachend im Kreis, dass der weinrote Dirndlrock und das seidene Fransentuch nur so wehen: "Ich freu' mich schon wieder riesig auf die Wiesn. Ich glaub, ich bin in die Figur mit der Zeit richtig reingewachsen."
In die Figur der Bräurosl, die von der klassisch ausgebildeten Sängerin Karolin Weidner seit inzwischen 16 Jahren jähr-lich mit grosser Begeisterung (und Können) auf der Wiesn dargestellt wird: hoch zu Ross beim Wiesn-Wirte-Einzug und beim Trachtenzug sowie stimmgewaltig mehrmals täglich im Bräurosl-Festzelt der Wirte-Familie Heide.
Deren Wiesnzelt verdankt seinen Namen einer Brauerstochter namens Rosi, die wahrscheinlich sogar eine Pschorr-Tochter war, und eine ungewöhnliche Angewohnheit hatte: Allabendlich schwang sie sich zu einem Rundritt im Brauhof auf ein von der Arbeit kommendes Bräuross. Dabei genehmigte sie sich stets einen Abendtrunk: eine Mass Bier. Festgehalten wurde dieses Ritual vom Hofmaler Karl Schultheiss, der die Bierkrug schwenkende Bräurosl im Auftrag der Brauerei auf der Giebelwand der ersten Pschorr-Festhalle verewigte, die seither ihren Namen trägt. Seit 1901, als die Pschorr-Brauerei (heute Hacker-Pschorr) mit einer erstmals elektrisch be-leuchteten Festhalle für Aufsehen sorgte.
Die Familie Heide führt die beliebte Bräurosl seit 1936. Auf Georg Heide folgte Sohn Willy Heide, der inzwischen 89-jährige ehemalige Wiesn-Wirte-Sprecher, der das Festzelt 2001 wiederum an seinen Sohn übergab - an Georg "Schorsch" Heide. Zusammen mit Ehefrau Renate und Tochter Daniela hält dieser nun in dritter Generation die Bräurosl-Tradition aufrecht. Und so prangt auch heute noch über dem Zelt-Haupteingang das grosse Gemälde der Bräurosl.
"Ausserdem gibt es sie, wie schon zu Zeiten mei-nes Opas, auch personifiziert", sagt Festwirt Georg Heide, der sich schon auf den Wiesn-Wirte-Einzug freut: "Da wird Karolin Weidner, die Bräurosl, unsere Kutsche wieder auf einem Ross begleiten - traditionsgemäss im Damensitz und mit einem Bierkrug aus Pappmache, weil der nicht so schwer ist."
Nach dem Anzapfen im Bräurosl-Zelt singt und jodelt sie dann das erste Mal. Viele weitere Auftritte in der Original-Bräurosl-Tracht folgen täglich gegen 15 und 17.30 Uhr. Die Begeisterung der Einheimischen wie der Zuagroasten ist der Sängerin mit der glockenhellen Stimme garantiert. "Danach wollen sich viele Gäste immer mit ihr fotografieren lassen", erzählt Georg Heide. Karolin Weidner lacht und sagt: "Irgendwie bin ich das Zelt-Maskottchen. Ich find's wunderbar! Die Bräurosl verkörpern zu dürfen, ist für mich das Grösste."
Alle Infos rund ums Zelt
Größe: 6200 Plätze im Festzelt, 2200 weitere draußen im Garten.
Spezialität: „Bräurosl- Ente“, Wiesn-Hendl, Spanferkel, Schweinsbraten, Haxn und der beliebte Sauerbraten mit Semmelknödel (der es auch Starkoch Alfons Schuhbeck angetan hat).
Publikum: „G’standne Münchner, die Tradition lieben, und viele Wiesn- Besucher aus dem Landkreis“, sagt Wiesn-Wirt Georg Heide, der seine Gäste während des gesamten Jahres im großen „Heide Volm“ in Planegg bewirtet.
Annette Baronikians