Die Ladenschluss-Kontroverse

Diesen Freitag dürfen die Münchner bis Mitternacht einkaufen – ausnahmsweise. Die „Lange Kultur-Shopping-Nacht“ belebt die Debatte um die Öffnungszeiten.
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Diesen Freitag dürfen die Münchner bis Mitternacht einkaufen – ausnahmsweise. Die „Lange Kultur-Shopping-Nacht“ belebt die Debatte um die Öffnungszeiten.
Schramek Diesen Freitag dürfen die Münchner bis Mitternacht einkaufen – ausnahmsweise. Die „Lange Kultur-Shopping-Nacht“ belebt die Debatte um die Öffnungszeiten.

MÜNCHEN Shoppen bis zur Geisterstunde? In München ist das diesen Freitag möglich – aber nur einmal im Jahr. Und auch bloß dann, wenn es „im öffentlichen Interesse dringend nötig“ ist, wie das Gesetz zum Ladenschluss besagt. Die AZ erläutert die Rechtslage und zeigt die wichtigsten Positionen.

Zu welchen Zeiten kann man in Bayern einkaufen?

Laut Gesetz dürfen in Bayern Geschäfte an Werktagen von 6 bis 20 Uhr geöffnet haben. Am 24. Dezember muss um 14 Uhr Schluss sein. Für vier Sonntage im Jahr dürfen Ausnahmegenehmigungen erteilt werden – außer im Dezember.

Wie ist die Situation in anderen Bundesländern?

Nur noch das Saarland hat ein so strenges Ladenschlussgesetz wie Bayern. In den meisten Bundesländern darf an Werktagen 24 Stunden geöffnet werden.

Was sagt der Einzelhandelsverband?

„Viele Stimmen fordern, dass der Geschäftsmann selbst entscheiden soll, wie lang er geöffnet haben will“, sagt Bernd Ohlmann vom Handelsverband Bayern. „Gerade in den Regionen an den Landesgrenzen haben Händler massive Nachteile im Vergleich zu ihren Konkurrenten in den angrenzenden Bundesländern. Ob sich längere Öffnungszeiten rentieren, hängt stark vom Standort und der Branche ab. Viele Discounter und Supermärkte würden eine Lockerung des Ladenschlussgesetzes begrüßen.“

Was wollen die Händler?

Die Supermarktkette Rewe ist für eine Liberalisierung: „Grund ist, dass sich in den vergangenen Jahrzehnten die Arbeits-, Freizeit- und Essgewohnheiten verändert haben. Liberalere Öffnungszeiten an Werktagen bieten die Chance, dann zu öffnen, wann es Kunden wünschen. Für die Kunden – insbesondere in Dienstleistungszentren wie München – sind die längeren Öffnungszeiten einfach stressfreier“, so eine Sprecherin. Kleinere Geschäfte sehen das kritischer: „Mit dem Internet können wir auch bei längeren Öffnungszeiten nicht konkurrieren“, sagt Gabriele Bohlen, Inhaberin der Modeboutique Flip in Schwabing. „Man müsste mehr Personal einstellen – positiv wäre das für uns nicht. Was wir dagegen sehr begrüßen würden, wären mehr Specials, da ist die Stadt München etwas schwerfällig. Warum gibt es keine Fashion Night in Schwabing?“

Wie argumentieren die Gewerkschaften?

Dirk Nagel, Verdi-Gewerkschaftssekretär für den Handel: „Der Ladenschluss ist sowieso schon ein Kompromiss. Früher waren die Ladenschlusszeiten bei 18.30 Uhr. Und die Änderung hat gezeigt, dass sich dadurch der Umsatz nicht steigern lässt. Längere Arbeitszeiten führen auch nicht zu mehr Beschäftigung, sondern zu mehr Teilzeit und mehr geringfügigen Anstellungsverhältnissen.“

Was verlangt die FDP?

Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil sagt: „Wir als Liberale sind generell für die 6x24-Regelung, wie sie in zwölf von 16 Bundesländern seit Jahren Praxis ist. Als ersten Schritt fordern wir, dass die Kommunen das Recht bekommen, werktags eine Öffnung bis 22 Uhr zuzulassen. Niemand ist deshalb gezwungen, seinen Laden länger offen zu halten, wenn das für ihn nicht wirtschaftlich ist. Unser bisheriges Recht stammt aus den 50er Jahren. Stillstand ist im Wirtschaftsleben immer schlecht. Es ist Zeit, die Ladenöffnungszeiten der veränderten Lebenswirklichkeit anzupassen. In Baden-Württemberg oder Hessen zum Beispiel funktionieren die längeren Öffnungszeiten reibungslos.“

Welche Position vertritt die CSU?

Die Partei ist gespalten. Vor einigen Jahren, unter Edmund Stoiber, wäre es fast zur Liberalisierung gekommen. Eine Abstimmung in der Fraktion endete Unentschieden. Markus Söder und Erwin Huber votierten für die Freigabe. Der neue Parteichef Horst Seehofer stellt sich dagegen seit Jahren stur. CSU-Fraktionschef Georg Schmid sagt: „Das Thema Ladenschluss wird in dieser Legislaturperiode nicht mehr angepackt. Es wird keine Änderung geben. Punkt.“

Wie sieht es die SPD?

Landtagsfraktionschef Markus Rinderspacher: „Wir wollen keine Rund-um-die-Uhr-Gesellschaft. Für kleine Einzelhändler sind die FDP-Pläne existenzgefährdend.“

Was wünschen sich die Kunden?

Rund 70 Prozent sind laut Umfragen für eine Freigabe – werktags. Dass Läden sonntags öffnen, wollen nur 25 Prozent.

 

 

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