Die Krippe auf Chinesisch
MÜNCHEN Globalisierung fängt im Kleinen – und bei den Kleinen an! Spielend Chinesisch lernen können im „Glückskinderhaus“ schon die Jüngsten, während ihre deutschen oder chinesischen Eltern zur Arbeit gehen. Die Rede ist von der ersten privat finanzierten chinesisch-deutschen Kindertagesstätte in München, die am 1. Mai in Schwabing öffnet.
Knapp 100 Kinder zwischen acht Wochen und sechs Jahren werden dort, in der Klopstockstraße, stunden- oder tageweise zweisprachig betreut. Zudem ist in der Einrichtung neben dem Petuelpark für 25 Hortkinder Platz. Bei der Hausaufgabenbetreuung können die Schüler Chinesisch üben.
Für die Kleineren sieht der Alltag so aus: Chinesisch lernen sie in der Krippe oder im Kindergarten nach der so genannten Immersionsmethode, erklärt die künftige Leiterin im „Glückskinderhaus“´, Xiaohong Fe. Das bedeutet, dass die Kinder quasi nebenbei mit der fremden Sprache in Berührung kommen. Manche Erzieherinnen sprechen deshalb nur Chinesisch, andere nur Deutsch.
Der Integrationsgedanke dahinter: Der Nachwuchs chinesischer Eltern oder solcher, die zum Beispiel aus Singapur stammen, wird in München schneller heimisch. Umgekehrt haben deutsche Kinder die Chance, eine Sprache zu lernen, die nur die wenigsten Erwachsenen in Deutschland beherrschen. In München leben nur gut 3700 Chinesen.
Die Spracherfolge bei den Kindern sind erstaunlich: „Manche, die vorher kein Wort Chinesisch konnten, plappern in der fremden Sprache plötzlich drauflos“, weiß Fei aus Erfahrung.
Sie ist selbst Mutter, ihr Sohn geht schon zur Schule. Bisher war Fei in einer chinesisch-deutschen Eltern-Initiative in München aktiv. „Wir hatten ein zweijähriges Mädchen in der Gruppe, deren Eltern nur Spanisch sprechen. Das Kind kam einmal in der Woche für zwei Stunden zur Betreuung.“ Nach wenigen Monaten habe sich die Kleine auf Chinesisch verständigt.
Für Erwachsene mag das wie ein Wunder klingen – aber Kinder lernen eben schneller. „Allerdings macht nicht jedes Kind die gleichen Erfolge“, räumt Fei ein. Die gebürtige Chinesin, die das „Glückskinderhaus“ managen wird, lebt schon seit zehn Jahren in München. „Wenn ein Kind Geburtstag hat, gibt es im Glückskinderhaus deutschen Kuchen und chinesische Nudeln“, kündigt sie an. Warum ausgerechnet diese Kombi? „Die Nudeln symbolisieren in China ein langes Leben.“ Natürlich essen die Kinder sie mit Stäbchen. „Den deutschen Geburtstagskuchen gibt’s auf die Hand.“
Fei hat viele Pläne: Die Kleinen sollen chinesisch kochen lernen, mit Gemüse und Fisch zum Beispiel. „Dabei lernen sie, dass es Yin- und Yang-haltige Nahrungsmittel gibt.“ Chinesische Schriftzeichen könnten die Kids mit dem Pinsel malen. Und Schulkinder Kurse in Kalligrafie belegen, der chinesischen Schönschreibe-Kunst.
Was der Spaß kostet? Ein Krippenplatz je Monat und ganztägiger Betreuung etwa 780 Euro, ein Kindergartenplatz etwa 680 Euro. Leisten können sich das gewiss nur besserverdienende Eltern. Die Nachfrage sei trotzdem enorm, sagt Fei. Gerade in München, wo Krippenplätze rar und zudem im Allgemeinen selten teuer sind.
Die Eltern, die ihren Nachwuchs im „Glückskinderhaus“ anmelden, arbeiten laut Fei bei internationalen Konzernen wie Siemens oder der Münchener Rück. Sie hat beobachtet, dass immer mehr Münchner sich wünschen, dass ihr Kind Chinesisch lernt.
Bis zur Eröffnung im Mai macht Fei trotzdem fleißig Werbung: „Zumindest bis September sind im Glückskinderhaus noch Plätze frei.“
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