Die kleine Biergarten-Typologie von Sepp Schauer

Humor darf sein: Wie der Münchner Schauspieler Sepp Schauer (65) im neuen Biergartenführer die Menschen auf den Bierbänken neben sich einordnet.
Sepp Schauer |
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Der Biergarten - ein Biotop verschiedenster Besucher-Typen. Sepp Schauer (r) hat sie klassifiziert.
dpa/imago/AZ Der Biergarten - ein Biotop verschiedenster Besucher-Typen. Sepp Schauer (r) hat sie klassifiziert.

Im neuen Biergartenführer für München und das Umland steht's: den Biergärten geht's gut. Und das liegt an der hohen Nachfrage. Denn wer genießt nicht gerne die Sommersonne bei einer kühlen Maß, einem Wurstsalat mit Brezn oder der selbst mitgebrachten Brotzeit? Der Biergarten wird zum Treffpunkt für die verschiedensten Typen. Diese Typen hat der Münchner Schauspieler Sepp Schauer (65) im Biergarten-Führer versucht zu klassifizieren. Schauers kleine Biergarten-Typologie:

Der „Schnell-nach-dem-Büro- noch-in-den-Biergarten-Typ“

Das ist ein Typ, der nach der Arbeit noch kurz in den Supermarkt gesprungen ist und mit Plastiktüte und Kassenzettel in der Hand nach einem Platz sucht. Ich biete ihm einen an und schon packt er ein Ciabatta, ein Sackerl Zitronen, abgepackten geräucherten Lachs, zwei Paar Wiener und Pappteller aus. Seine Krawatte steckt salopp in der Brusttasche seines Businesshemdes, damit diese nicht mit seinen kulinarischen „Köstlichkeiten“ angesaut wird.

Es überrascht mich nicht, dass er um ein Messer bittet, welches er in der Eile vergessen hat. Das Brot könne er ja so abreissen, aber die Zitronen... Dabei bemerke ich seinen sehnsüchtigen Blick auf meine Fleischpflanzerl ganz genau.

Die zugezogenen „Pseudobayern“

So bezeichne ich jene Biergartengänger, die vor Jahren mal nach Bayern, sprich nach München zogen und seit dieser Zeit wohnorttechnisch Bayern sind. Aber halt nur wohnorttechnisch. Wenn dann der Besuch aus den heimatlichen Gefilden anreist, mutieren sie natürlich zu „Urbayern“ und da muss man auch zeigen, wie man sich in einem Biergarten verhält und was man in Bayern isst!

Lesen Sie hier: Gaststätten in München: Bis 24 Uhr draußen sitzen

Dazu sind sie auch sehr bayerisch angezogen. Man bekennt sich. Beide in Jeans mit Trachtenapplikation vorn und am Hintern, beide in Wanderstieferl, SIE in braun mit rote Schuhbandl, er mit blauen – was sich in der Oberbekleidung fortsetzt: SIE das rotkarierte Hemd, ER blaukariert. SIE hat sich Zöpferl geflochten mit rote Bandl. ER nicht.

Wenn die beiden dann vom Einkauf am Essensstandl zurückkommen, gibt es eine Präsentation: „Wir haben euch jetzt lauter typische bayerische Brotzeit mitgebracht: Das hier ist Carpaccio vom Semmelknödel an Zwiebeln auf Essig-Öl-Spiegel und Radi und Radieserl, quasi das Ehepaar des bayerischen Gemüsegartens, hahaha.“ Und wenn sie dann zur Nachspeise, einen Zwetschgen-datschi holen, dann wird der als „Pflaumengeplätteter“ präsentiert.

Der „Mutter-Kind- Austausch-Kreis“

Bis die schon sitzen: „Nein Sebastian-Leon, setz dich bitte zum Franz-Ludwig, und du, Marie-Sophie, kommst erst mal zur Mama, dir geht es heute nicht so gut, du hast schon dreimal gespuckt. Ja hallo, Severin-Tobias wo ist denn deine Schwester, die Sarah-Tallulah? Kommt jetzt, setzt euch hin, erst was essen, dann spielen. Bitte haltet euch an die Regeln. Wir hatten das vorher alles durchgesprochen, okay? Aah, da kommt ja noch Tristan – jetzt sind wir komplett!“

Ich könnt mir schon die Namen nicht alle merken. Wenn die Kinder dann gegessen haben und aufn Spielplatz geschickt wordn sind, dann ist die Bahn frei, für die Mütter, die sich natürlich mit ihrem Mitgebrachten übertreffen wollen und müssen und die dabei immer über alle anderen Gäste hinweg ihren Kindern zurufen, was diese tun und lassen sollen.

Ist eine Mami mal nicht schnell genug, wenn ein Kind getröstet werden muss, bin ich schon mal mit einem Stückerl Brezn eingesprungen.

Und dann gibt’s noch uns: Die Echten. Die Originale

Wir sitzen gerne an einem schattigen Platzerl, genießen unsere mitgebrachte Brotzeit wie Fleischpflanzerl oder Wurstsalat, dazu eine große Brezn und ein süffiges Bier. Wir sitzen gemeinsam an einem großen Tisch und Freude uns des Lebens. „Wen Gott liebt, den lässt er fallen in dieses Land“, das hat Ludwig Ganghofer gesagt, und ich sage: „Wen ich mag, den nehme ich in einen von Münchens Biergärten mit!“ In diesem Sinne – vielleicht sieht man sich mal auf einen Ratsch an einem lauschigen Platzerl!

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