Die jungen Retter von Aiderbichl

Das AZ-Interview mit dem Tierschützer Michael Aufhauser.
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Kind trifft Schwein: Der Gnadenhof bietet Kindern die Nähe zu Tieren, denen sie in der heutigen Zeit immer seltener begegnen.
az Kind trifft Schwein: Der Gnadenhof bietet Kindern die Nähe zu Tieren, denen sie in der heutigen Zeit immer seltener begegnen.

Das AZ-Interview mit dem Tierschützer Michael Aufhauser.

1988 beobachtete Michael Aufhauser in Spanien, wie ein Hundefänger Tiere zusammenschlug, um sie dann zu vergasen. Der Unternehmer aus Bayern kaufte die Hunde ab, rettete sie vor ihrem Schicksal. Eine Tat mit Folgen: Aufhauser wird praktizierender Tierschützer. Er gründet unter anderem Gut Aiderbichl, auf dem heute über 1000 gequälte Tiere leben. Über 250.000 Besucher pilgern pro Jahr zu diesen Tieren - viele Familien. „Und es sind gerade viele Kinder, die mich auf das Schicksal misshandelter Tiere aufmerksam machen“, erzählt Aufhauser im AZ-Interview

AZ: Kinderglück hat viele Namen. Aber vor allen Dingen: mit einem Tier im Haus zusammen groß zu werden. Woher kommt diese tiefe Zuneigung von einem Kind zu einem Tier?

Laura, die Tochter des Geschäftsführers von Gut Aiderbichl, hatte von klein auf Kontakt zu verschiedenen Tieren. Mit drei Jahren teilte sie ihrem Vater mit, dass meine Hündin Lucy ihre Schwester sei. Wenn sie zu Besuch kommt, will sie zuerst zu Lucy, die spürt, wenn Laura das Haus betritt, winselt und weint vor lauter Glück. Ich denke, Kinder spüren die Unvoreingenommenheit der Tiere, das Voraussetzungslose, das sie ihnen entgegenbringen. Und die Tiere bemerken das wohl auch bei den Kindern. Ich glaube, es begegnet sich hier die Unschuld.

Vor allem in Städten heißt Kindheit: eingeschlossen zu sein zwischen Beton und Straßen, Natur nur noch aus zweiter Hand kennen zu lernen. Wie wichtig ist ein Tier für die Entwicklung der Kinder?

Den Missstand, dass Kinder in naturverarmten Gegenden aufwachsen müssen, kann man sicherlich nicht mit der Anschaffung eines Haustieres ausgleichen. Früher, vor dem Leinenzwang, hatten Familien mit Hund noch ein Motiv, sich auf den Weg zu den grünen Lungen der Stadt zu machen. Dort konnten die Kinder mit den Hunden spielen. Ein allererster Grundkurs in sozialem Verhalten. Einen anderen ernst nehmen, verstehen lernen und auch ein Stück Verantwortung übernehmen. Und das alles angenehm spielerisch.

Auf Ihrem Hof stehen viele misshandelte Tiere, die Sie gerettet haben. Wurden sie auch schon von Kindern auf derartige Schicksale aufmerksam gemacht?

Sehr oft wurde ich von Kindern auf das Schicksal gequälter Tiere aufmerksam gemacht. Die Eltern ermutigten die Kinder, mir darüber zu berichten. Ganz wichtig ist, in solchen Momenten nicht zu Kindern zu sagen: „Da kann ich nichts tun" oder „Das ist der Lauf der Natur!" Ich sage eher: Geht nicht, gibt's nicht. Mit ein Grund, warum ich Gut Aiderbichl gegründet habe, war, die Kinder für ihre sensible Wahrnehmung zu belohnen und ihnen zu helfen. Viele Kälber, Ziegen, Ponys, Hunde und Katzen hatten aufmerksame Tierretter, die noch nicht einmal sechs Jahre alt waren.

„Mama, ich möchte einen Hund!" Welche Eltern haben nicht schon einmal Kinder drängeln und betteln hören. Gibt es das ideale Tier für ein Kind?

Hunde werden im Durchschnitt 15 Jahre alt, Ponys ca. 40 Jahre. Die Interessen der Kinder aber ändern sich rasch. Auf Gut Aiderbichl gibt es daher viele Kinder, die Tierpaten sind und jederzeit aussteigen können, wenn sich ihr Interesse verlagert. Wenn sich aber andere Familienmitglieder, die schon erwachsen sind, mit dem Gedanken anfreunden können, bei Wind und Wetter Gassi zu gehen oder den Ponystall auszumisten, und das 40 Jahre lang, dann sollte einem neuen tierischen Familienmitglied nichts im Wege stehen.

Vermittelt Gut Aiderbichl auch Tiere an Familien?

Gut Aiderbichl ist ein Gnadenhof und kein Tierheim. Vermittlungen werden daher sehr klein geschrieben. Auf unserer Internetseite allerdings gibt es ein schwarzes Brett für Tiere, die wir aus Platzgründen nicht aufnehmen können.

Kinder und Tiere haben eine große Gemeinsamkeit. Beide brauchen Fürsprecher, die sie vor Schaden bewahren und ihnen helfen, damit sie sich entwickeln können. Gibt es auf Gut Aiderbichl auch Projekte, die auf Kinder abzielen?

Unsere Generation hat ihre Chance gehabt. Wie wir damit umgegangen sind, erspare ich mir hier zu kommentieren. Die Zukunft gehört den Kindern und ihnen gehört auch Gut Aiderbichl. Nur sie können künftig alles besser machen. Davon gehen wir aus und bieten Kindern die Nähe zu Tieren, denen sie in der heutigen Zeit immer weniger begegnen: Kälbern, Schweinen, Truthähnen, zum Beispiel. Wir wollen ihnen zeigen, dass es sich bei ihnen um schützenswerte Lebewesen handelt.

Tierschützer - wie Sie - sind unermüdlich unterwegs, Menschen neue Werte gegenüber Tieren zu vermitteln. Wird der Tierschutz immer schwieriger, weil sich Menschen nur noch für sich interessieren?

Es vergeht kein Tag, an dem nicht ein Dutzend oder mehr Menschen Aiderbichler werden, Patenschaften oder Mitgliedschaften abschließen. Es ist eher so, dass die Menschen regelrecht auf der Suche nach einem Wertebewusstsein sind.

Interview: Natalie Dertinger

Auf einen Blick

Was: Gut Aiderbichl, Gnadenhof für über 1000 Tiere

Wo: Kurz hinter Salzburg: Berg 20, 5302 Henndorf am Wallersee, Österreich

Öffnungszeiten: 365 Tage im Jahr – bis 25. Okt. 9 bis 18, danach 10 bis 18 Uhr.

Eintritt: Erwachsene 9 Euro, Kinder (4 bis14 Jahre) 4,50 Euro, Behinderte 3 Euro

Hunde: Können natürlich mitgebracht werden, müssen auf dem Gelände aber angeleint sein.

Informationen: Tel. 0043/662-625395 oder www.gut-aiderbichl.com

AZ-Verlosung

Der neue Gut-Aiderbichl-Kalender für das Jahr 2009 unter dem Motto „Tieren helfen – aus Liebe zum Leben!" mit monatlichen Tiermotiven und anregenden wie engagierten Texten ist nun herausgekommen. Die AZ verlost 40 dieser Kalender im Wert von jeweils 12,95 Euro. Außerdem werden fünf Familieneintrittskarten für Gut Aiderbichl verlost (zwei Erwachsene, zwei Kinder). Wer gewinnen möchte, sendet eine Postkarte an: AZ, Die Stadt, 80265 München bzw. eine E-Mail an: gewinnaktion@abendzeitung.de. Das Stichwort für den Kalender lautet: „Gut-Aiderbichl-Kalender“. Wer sich für die Eintrittskarten interessiert, verwendet das Stichwort: „Aiderbichl-Eintrittskarten“. Einsendeschluss ist der 30. Oktober 2008.

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