Die Hunde aus dem Tierlabor

Weil Beagle so freundlich sind, lassen Universitäten und Konzerne die Tiere für Versuche züchten. Die AZ erklärt, was nach der Leidenszeit mit ihnen passiert.  
von  Jasmin Menrad
Allein im Jahr 2009 wurden deutschlandweit rund 4000 Hunde von Universitäten, Pharma- und Kosmetikkonzernen bei Versuchen eingesetzt. Auch in München.
Allein im Jahr 2009 wurden deutschlandweit rund 4000 Hunde von Universitäten, Pharma- und Kosmetikkonzernen bei Versuchen eingesetzt. Auch in München. © Gregor Feindt / AZ

Coco rast wie ein Irrwisch durch die Wiese am Perlacher Forst, die Schlappohren der Hündin fliegen durchs hohe Gras. Vor zwei Wochen kannte die Beagledame weder Gras noch Gassigehen – Coco war ein Versuchstier. Allein im Jahr 2009 wurden deutschlandweit rund 4000 Hunde von Universitäten, Pharma- und Kosmetikkonzernen bei Versuchen eingesetzt. Auch in München.

München - Beagles wie Coco werden bereits seit den 50er Jahren speziell fürs Labor gezüchtet. Die kleinen Hunde brauchen wenig Platz, ihr kurzes Fell lässt sich leicht sauber halten. Sie sind freundlich zu Menschen und Artgenossen, selten verhaltensgestört und sehr zäh. Der Tierschutzverein Laborbeaglehilfe steht in Kontakt mit den Versuchsanstalten und vermittelt die Beagles an Tierfreunde. Woher die Hunde kommen, ist für ihre neuen Besitzer kaum nachvollziehbar. Die Konzerne mauern – aus Angst um ihren guten Ruf.

Wer sich für einen Laborhund entscheidet, muss sich daher auf einiges gefasst machen: Oft sind nur Geschlecht und Alter des Tieres bekannt, aber nicht, was mit ihm geschehen ist und welche Spätfolgen die Tests verursachen. Coco kam aus einem norddeutschen Labor zu Silvia Veidt nach Garching. Die Steuerberaterin vermutet, dass die Hündin in einer „Vergleichsgruppe“ war: Sie bekam nur Placebo-Medikamente und ist gesund.

Der 11-jährige Balu, der auch bei Silvia Veidt lebt, hatte weniger Glück: Über neun Jahre war er in der Krebszellenforschung. Wegen einer Chemotherapie stinkt er und hat Hautprobleme. Mit einer speziellen Diät versuchte Silvia Veidt, seine Probleme in den Griff zu bekommen. Vergeblich.

Dabei geht es den LMU-Beagles besser als vielen anderen: Die Uni-Pfleger gehen mit ihnen im Olympiapark Spazieren. In anderen Versuchsreihen ist das nicht möglich – etwa wenn die Tiere zu Forschungszwecken operiert oder mit Artzney behandelt wurden.

Dorothea Döring vom Lehrstuhl für Tierschutz der LMU erklärt: „Versuchshunde dürfen in der Regel die Labore nicht verlassen. Das hat hygienische Gründe, außerdem könnte der Tierversuch beeinträchtigt werden.“ Aber dann hätten die Hunde Auslaufbereiche im Freien. „Dort ist es jedoch vergleichsweise reizarm. Straßenverkehr, Radfahrer oder Kinder kennen diese Hunde daher nicht.“

In einer aktuellen Studie untersucht die Veterinärin deshalb, welche Probleme auftreten, wenn Laborbeagles an Privatpersonen weitergegeben werden.

Mehr über Coco und Co lesen Sie in der Dienstagsausgabe der AZ auf Seite 20.

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