Die Hochsicherheits-Konferenz
250 geladene Politiker und Militärs, ein paar Hundert gewaltbereite Autonome, Tausende Polizisten, Absperrungen und Zoff um die Protest-Route: München steht am Wochenende ganz im Zeichen der 44. Sicherheitskonferenz.
MÜNCHEN Eigentlich Freude sich die Geschäftsleute, wenn Gäste aus aller Welt in die Stadt strömen. Aber wenn am Freitagabend mit einem Dinner (gespicktes Rinderfilet, Kürbisgnocchi, geeister Mohnguglhupf, Orangenragout) im Bayerischen Hof die 44. Sicherheitskonferenz (Siko) startet, dann sind viele Einzelhändler gar nicht gut drauf.
Denn die angereisten 250 Minister, Militärs, Parlamentarier und Experten aus 40 Ländern sorgen nicht für klingende Kassen – sondern womöglich auch für ausbleibende Massen.
Hunderte gewaltbereite Autonome erwartet
Seit Jahren ist die Siko umstritten. 5000 Teilnehmer erwartet die Polizei heuer bei Gegenveranstaltungen, darunter auch 300 bis 500 gewaltbereite Autonome.
Für besonderen Ärger unter den Geschäftsleuten sorgt die Route der Demonstranten, die das Kreisverwaltungsreferat am Mittwochabend absegnete: Vom Marienplatz geht es am Samstag ab etwa 18 Uhr über Diener-, Schrammer- und Theatinerstraße zum Odeonsplatz.
Demo "zur besten Geschäftszeit"
„Vor zwei Jahren ist ein Protestzug durch die Sendlinger Straße abgelehnt worden, weil es dort zu eng sei“, sagt Wolfgang Fischer von CityPartner. „Warum dürfen die Demonstranten dann heuer durch die enge Dienerstraße – und das auch noch zur besten Geschäftszeit?“ Er befürchtet, dass die Kundschaft schon vorher aus Angst wegbleibt.
Veranstalter und Teilnehmer stört das alles wenig. Samstagvormittag eröffnet Organisator Horst Teltschik die Konferenz. Erster Redner wird der türkische Premier Recep Tayyip Erdogan sein, der bereits am Donnerstag in Ludwigshafen den Ort aufsuchte, wo am Sonntag bei einem Feuer neun Türken ums Leben kamen. Sein Thema in München: außen- und sicherheitspolitische Interessen der Türkei.
"Friedensmedaille" für kanadischen Soldaten
Es folgen Panel zur Atlantischen Allianz sowie den Herausforderungen für die europäische Stabilität, ehe es um die Zukunft der Rüstungskontrolle geht. Danach folgen rund 450 geladene Gäste dem Ruf von Ministerpräsident Günther Beckstein, der in die Residenz lädt, wo die „Friedensmedaille“ an einen kanadischen Soldaten vergeben werden soll – stellvertretend für seine Kameraden, die in Afghanistan im Einsatz sind.
Das könnte der heikelste Teil des Tages werden, denn die Polizei, mit 3700 Beamten aus mehreren Bundesländern im Einsatz, geht davon aus, dass die linke Szene die Residenz belagern will. Es werde „ein besonderes Augenmerk auf den Anfahrtsweg der Konferenzgäste“ geben, heißt es bei der Polizei.
Alternative Auszeichnung an Irak-Veteran
Fast zeitgleich – als Gegengewicht zur Friedensmedaille – erhält Chris Capps auf dem Marienplatz vom Munich- American Peace Committee die Auszeichnung „Frieden aus Überzeugung“. Der Soldat aus New Jersey, Irak-Veteran, desertierte und schloss sich der Friedensbewegung an.
Am Sonntagmittag endet die Konferenz. Für München ist das Kapitel Siko damit aber nicht abgehakt. Zum einen kündigte Teltschik an, dass die Veranstaltung auf alle Fälle an der Isar bleiben werde. Und: Grünen- Chef Sigi Benker will, dass in Zukunft nicht mehr – wie bisher – die Bundeswehr das Hausrecht im Bayerischen Hof übernimmt. Das sei grundgesetzwidrig, so Benker und fordert von OB Christian Ude (SPD), „energisch beim Bundesverteidigungsministerium dagegen zu intervenieren, dass in München grundgesetzfreie Räume entstehen“.
D. Transiskus/R. Hub