Die Grünen in der Opposition in München: Schelte für die SPD

Zur Halbzeit der Regierungsperiode zieht die Öko-Fraktion über den früheren Partner SPD her. Besonders bei Sicherheit und Verkehr zeigen sich Unterschiede. Doch die Grünen bauen schon mal für eine Versöhnung vor.
München - Nach fast einem Vierteljahrhundert an der Regierung drücken die Grünen im Rathaus seit drei Jahren erstmals wieder die Oppositionsbank. Von den politisch eher unbequemen Plätzen aus beobachten sie nun, wie sich die rot-schwarze Koalition an der Stadtspitze schlägt. Das grüne Urteil zur Halbzeit der Regierungsperiode: "Eine Serie von Pleiten, Pech und Pannen", so Fraktionschef Florian Roth.
Vor allem von der SPD sind die Grünen schwer enttäuscht. Der einstige Regierungspartner habe sich von der CSU den Schneid abkaufen lassen, sagt Roth. SPD-Fraktionschef Alexander Reissl und seine Genossen seien in vielen Dingen einfach viel zu nachgiebig. Bis in die Zeit von Erich Kiesl und Franz Josef Strauß habe Rot-Schwarz die Stadt zwar nicht zurückgeworfen, so Roth.
Autofreie City: Nicht in München
Es seien aber klar rückwärtsgewandte Tendenzen zu erkennen. Roth denkt dabei vor allem an den Verkehr. Vor fünf bis zehn Jahren sei München international vielleicht noch Vorreiter gewesen. In Madrid gebe es inzwischen aber eine autofreie City, Paris habe kürzlich eine Seine-Parallele für den motorisierten Verkehr gesperrt.
Und in München? Nichts dergleichen. Hier werde immer noch über neue Tunnel am Mittleren Ring nachgedacht, so Roth. "Da sind wir bei den Metropolen mittlerweile hinten dran." Die SPD habe sich von der CSU einlullen lassen und sei nur noch darauf bedacht, harte Entscheidungen zu vermeiden. Frei nach einem Faschings-Kalauer spottet Roth: "Allen wohl und niemand weh, das ist Reissls SPD."
SPD gibt laut Grünen nicht Kontra
Auch beim Thema Sicherheit lasse sich die SPD regelmäßig übertölpeln, sagt der grüne Fraktionsvize Dominik Krause. Die CSU habe kaum eine Gelegenheit ausgelassen, den rechten Parteiflügel zu bedienen: Bettelverbot in der Altstadt, Videoüberwachung am Hauptbahnhof, das abgeschottete Rathaus. Und trotzdem verpasse die SPD regelmäßig die Chance, mal ordentlich Kontra zu geben.
"Die lassen sich abwatschen und halten immer noch munter die andere Backe hin", so Krause. Nach Ansicht der Grünen hat die Große Koalition keinen Plan, wie sie die Stadt weiterentwickeln möchte. Der Streit um die Bierpreisbremse habe das mal wieder eindrucksvoll gezeigt:"„Keine Ideen – aber dann streiten sie sich wie die Kesselflicker um solche Petitessen", so Fraktionschef Roth.
Ideenlosigkeit des OB
Zwar hat Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) kürzlich angekündigt, einen Zukunftsrat gründen zu wollen. Das sei aber nur ein weiteres Indiz für die Ideenlosigkeit. "Wenn man nicht mehr weiterweiß, gründet man eben einen Arbeitskreis", frotzelt Roth. Womöglich werden die Grünen in der zweiten Hälfte der Regierungsperiode öfter die Gelegenheit bekommen, eigene Vorschläge durchzudrücken.
OB Reiter hat bereits angekündigt, in den nächsten drei Jahren auch mit wechselnden Mehrheiten arbeiten zu wollen. "Gerne", sagt Roth dazu. Es habe ihn zwar noch niemand auf ein Bier eingeladen. Aber sollte die rot-grüne Allianz mitunter wieder aufleben können – warum nicht? Zwar schimpfen die Grünen gerade arg auf die SPD. Aber Mitregieren? Ist eben doch schöner.
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