Die Gründe für die Miet-Misere

MÜNCHEN - „Wir sind nicht froh über diese Entwicklung“ In München gehen die Mietwohnungen aus – und nicht nur deshalb die Preise rauf. Selbst der Haus- und Grundbesitzerverein klagt über Münchens Wohnungssituation.
Der „Haus- und Grundbesitzerverein München Haus und Grund“ sieht es mit Sorge. „Wir sind nicht froh über diese Entwicklung“, so der Vorsitzende Rudolf Stürzer. Es gibt viele Gründe für die Miet-Misere in der Stadt.
Die steigende Nachfrage: Stürzer nennt zwei Beispiele, wie sich Interessenten um die Wohnungen reißen. Aus einer Wohnung in Sendling (50 qm, 500Euro Kaltmiete) zog der Mieter nach zwei Jahren wieder aus, aus einer in der Maxvorstadt (65 qm, 660Euro Kaltmiete) nach drei Jahren. Beide Wohnungen wurden inseriert und zur exakt gleichen Miete angeboten wie vorher. Während sich für die Wohnung in Sendling vor zwei Jahren nur sechs Menschen interessierten, waren es jetzt 25. In der Maxvorstadt hatte der Vermieter vor drei Jahren nur fünf potentielle Mieter vor sich, diesmal waren es gleich 32. „Das hören wir von vielen unserer Mitglieder“, so der Chef von „Haus und Grund“. „Auch mit einer 20-prozentigen Mietsteigerung würden die Wohnungen genommen.“ Die Folge: Für eine Wohnung, die 2006 für 10 Euro pro Quadratmeter vermietet wurde, sind jetzt 12 bis 13 Euro zu zahlen. Stürzer schätzt, dass 2010 der Quadratmeter im Schnitt 13,50 Euro kostet.
Die Renovierungsklausel: Da Mieter wegen der neuen Rechtsprechung eine Wohnung nach Auszug nicht mehr renovieren müssen, kassieren die Vermieter eben schon vorher ab für den Maler danach. Sie erhöhen die Miete. „Das schlägt zusätzlich mit monatlich rund 70 Cent pro Quadratmeter zu Buche“, weiß Stürzer.
Der Frust
Wegen „eigentümerfeindlicher Rechtsprechung“ geben in München viele Hausbesitzer auf. Für sie lohnt sich das Vermieten vor allem steuerlich nicht mehr, außerdem ist der Verwaltungsaufwand groß. „Aus dem Bereich unserer Mitglieder (etwa 23 000), die mit über 400 000 Wohnungen in München und Umgebung immerhin zwei Drittel des Wohnungsbestandes repräsentieren, wurden im letzten Jahr 217 Mietshäuser (Mehrfamilienhäuser) verkauft“, rechnet Rudolf Stürzer von der „Haus und Grund“ vor. „Ein neuer Negativrekord.“
Die Konsequenz für die Mieter: Die Käufer sind meist Investoren wie Fondsgesellschaften. „Das führt regelmäßig zu einer Verschlechterung der Situation der Mieter von Mieterhöhungen bis hin zu Schikanen“, beklagt Stürzer. Während ein privater Vermieter einen soliden, langjährigen Mieter möchte, „ist es einem Investor vollkommen egal, wer in der Wohnung drin ist. Er versucht nur, den letzten Euro auch noch rauszuquetschen“, regt sich der Vorsitzende der Haus- und Grundbesitzer auf. „Dadurch ändert sich leider auch die Struktur in den Mietshäusern.“
Die Alternativen: Die Mieter können der Misere nicht entkommen. Die Hausbesitzer schon: „Uns wundert es nicht, wenn Häuser verkauft werden und der Erlös nicht in Immobilien sondern in Aktien oder Schiffsbeteiligungen investiert wird“, so Stürzer über die „pflegeleichten“ Alternativen.
Barbara Brießmann