Die große Leere in 1A-Lage - Kommt jetzt ein Primark?

München - Die riesigen Schaufenster sind verklebt, die Türe ist zu: Wo der US-Fashionstore Forever 21 vor fünf Wochen ausgezogen ist, herrscht auf vier Stockwerken gähnende Leere. Mitten in der Münchner Fußgängerzone – in einer der heißesten Einzelhandels-Lagen Deutschlands.
6800 Quadratmeter Leerstand – wie kann das sein, kurz vor der Adventszeit, in der die Händler in der City die Traum-Umsätze des Jahres machen?
Die Bayerische Hausbau, der die riesige Sahne-Immobilie an der Neuhauser Straße 19 (Joseph-Pschorr-Haus – dort hat auch Sportscheck eine mehrstöckige Filiale) gehört, hüllt sich in Schweigen:
„Wir stecken noch mitten in den Vertragsverhandlungen mit dem Nachmieter“, sagte Sprecherin Sabine Hagn gestern auf AZ-Anfrage. „Wir möchten uns zu Spekulationen darüber nicht äußern.“
Acht Millionen Euro Miete: Kommt jetzt Primark nach München
Die aber haben es in sich: Seit Wochen macht das Gerücht die Runde, dass die irische Billigmodekette Primark in die begehrten Räume einziehen will (19 Stores in Deutschland, 293 weltweit, 6,7 Milliarden Euro Jahresumsatz 2014).
Die Mietkosten von angeblich satten acht Millionen Euro im Jahr (die Forever 21 mangels ausreichend Umsatz wohl zu teuer geworden sind) dürfte sich ein Riese wie Primark locker leisten können. Und: Der Textildiscounter sucht ja schon lange eine großflächige Filiale in München – in allerbester 1A-Lage. Für viele Münchner Teenager, die Primark geradezu hymnisch umschwärmen, wäre ein Einzug auf den Mega-Flächen im Joseph-Pschorr- Haus (Untergeschoss bis dritter Stock) eine Jubelnachricht:
Viele von ihnen lassen sich aktuell noch zuhauf von ihren Eltern nach Stuttgart, Frankfurt oder Innsbruck kutschieren oder brettern selbst mit Bussen in die Primark-Städte, decken sich dort tütenweise mit schick aussehenden T-Shirts (3 Euro) oder Jeans (7 Euro) ein, dazu Billig-Taschen, Schals, Schuhe, Schmuck oder Accessoires für die Wohnung.
Kritik an Primark: Hilferufe von Arbeitern in Kleidung eingenäht
Auch H&M gehört angeblich zu den Interessenten
Und laden schließlich ihre Schnäppchen per Online-Video auf der Internet-Plattform Youtube hoch, um den Freundinnen die Einkäufe zu zeigen: Massenwerbung von der Zielgruppe für die Zielgruppe, die Primark keinen Cent kostet.
Sogar eine Münchner Facebook-Gemeinschaft gibt’s, die „Likes“ sammelt und so die Trommel für eine Filiale an der Isar rührt: „Primark in München“ hat aktuell 3473 Mitglieder, täglich kommen neue Teenies dazu.
So beliebt die Firma bei Teenies ist, so umstritten ist Primark wegen der niedrigen Preise in Bezug auf die Arbeits-, Lohn- und Produktionsbedingungen in Billiglohnländern. Auch die mangelnde Nachhaltigkeit der angebotenen Textilien sorgt für heftige Kritik.
Im Juni 2014 hatten sich Meldungen gehäuft, dass eingenähte Zettel mit Hilferufen asiatischer Arbeitskräfte von Primark-Kunden entdeckt worden waren. Die Arbeitskräfte beklagten die schlimmen Zustände bei der Herstellung der Kleidung, bei der sie gezwungen würden, „stundenlang bis zur Erschöpfung zu arbeiten“. Der Hersteller sprach daraufhin von Fälschungen.
Oder doch ein H&M?
Der irische Discountriese ist freilich nicht der einzige heiße Bewerber um die freien Flächen. Auch H&M gehört angeblich zu den Interessenten, spekuliert das Fachblatt Textilwirtschaft. Es wäre dann die mittlerweile 13. Filiale des schwedischen Konzerns in München – der damit immerhin verhindern könnte, dass sich neue Konkurrenz in der City breitmacht.
Auch die anderen Einzelhändler erwarten mit Spannung, wer ihr neuer Nachbar wird – und wann. Idealerweise, sagt Wolfgang Fischer von City Partner, „jemand aus einer möglichst neuen Branche mit hochwertiger Ware – mit dem es gelingt, ein ganz neues Publikum in die Fußgängerzone zu locken. Davon würden alle Händler profitieren“ (siehe Interview rechts).
Wann es soweit ist? Die Hausbau verrät nur: „Der neue Mieter wird die Flächen zunächst um- und ausbauen. Danach wird zügig eingezogen.“