Die Gefahr lauert in den Wasser-Leitungen

Bakterien-Alarm! In 800 Münchner Mietshäusern ist der Grenzwert für Legionellen überschritten – dabei ist erst ein Bruchteil der Anlagen überprüft worden.
von  Julia Lenders
Wer unter der Dusche feinste Wassertröpfchen einschnauft, kann sich im Ernstfall mit Legionellen infizieren.
Wer unter der Dusche feinste Wassertröpfchen einschnauft, kann sich im Ernstfall mit Legionellen infizieren.

In 800 Mietshäusern ist der Grenzwert für Legionellen überschritten – dabei ist erst ein Bruchteil der Anlagen überprüft worden.

MÜNCHEN - Manchmal lauern Gefahren da, wo man sie am wenigsten erwartet. Unter der Dusche etwa. Oder im Whirlpool. In Rohrleitungen breiten sich häufig Legionellen aus – Bakterien, die einen schwer krank machen können.

Seit einem Jahr müssen die Eigentümer von allen Mietshäusern, die einen großen, zentralen Boiler haben, das Trinkwasser in ihrem Gebäude untersuchen lassen. Sie sind verpflichtet, das Ergebnis ans Amt zu melden. Egal wie es ausfällt. So will es die jetzige Verordnung. Das zuständige Münchner Gesundheitsreferat hat nun eine erste Bilanz vorgelegt.

Und die ist alarmierend: Schon jetzt gibt es Meldungen von 800 Mietshäusern, bei denen der Legionellen-Grenzwert überschritten war. Und das, obwohl bislang nur ein kleiner Teil der Eigentümer Untersuchungsergebnisse eingereicht hat. Die Befunde von erst 2000 Großanlagen zur Trinkwasser-Erwärmung liegen vor. Das Gesundheitsreferat schätzt aber, dass es in München bis zu 50 000 davon gibt. Es zählen alle Anlagen, deren Speichervolumen bei über 400 Litern liegt.

Vorläufige Bilanz also: Bei 40 Prozent der Kontrollen ist der so genannte „technische Maßnahmenwert“ überschritten worden. Das bedeutet, dass die Wasserqualität in den betroffenen Gebäuden auf jeden Fall verbessert werden muss.

Aus dem Gesundheitsreferat heißt es zur Erklärung: „Es muss nicht unbedingt schon eine Gesundheitsgefährdung vorliegen. Aber es handelt sich um einen Wert, wo diese zu befürchten sein kann.“
Die Behörde schätzt, dass letztlich etwa 30 Prozent aller untersuchten Objekte über dem Legionellen-Grenzwert liegen werden.

Im vorigen Jahr sind in München 34 Fälle von Menschen gemeldet worden, die an der so genannten Legionellose erkrankt sind. Heuer waren es bislang 25. Die Infektion kann ganz unterschiedlich ablaufen. Vom harmloseren Fieber bis zur lebensgefährlichen Lungenentzündung. Wobei als klassischer Infektionsweg das Einatmen feinster Wassertröpfchen gilt. Eine erhöhte Legionellenzahl im Trinkwasser beruht meistens auf fehlender Wasserzirkulation und zu niedrigen Wassertemperaturen im Bereich von 25 bis 50 Grad.

Was passiert, wenn ein Haus betroffen ist? Dann müssen erst einmal die Bewohner informiert und zum Beispiel Installateure beauftragt werden. Bei einer extrem hohen Kontamination kann das Gesundheitsreferat auch verbieten, dass jemand duscht. „Seit Herbst 2011 kann man sagen, dass wir in etwa ein Mal pro Woche ein Duschverbot aussprechen“, teilt die Behörde auf AZ-Anfrage mit.

Dass es sinnvoll ist, die Trinkwasseranlagen zu überprüfen, daran zweifelt niemand. Doch der gigantische Überwachungsaufwand überfordert die zuständigen Ämter personell. Darum soll die Trinkwasserverordnung jetzt in einigen Punkten entschärft werden. Der Bundesrat hat das bereits beschlossen. Künftig sollen zum Beispiel nicht mehr alle Untersuchungsergebnisse ans Gesundheitsamt gemeldet werden, sondern nur noch die auffälligen.

Das Münchner Gesundheitsreferat will den Stadtrat demnächst um vier zusätzliche Stellen für die Trinkwasser-Überwachung bitten. Damit die Münchner bedenkenlos duschen können.

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