Die Gefahr am Berg: Todesfälle drastisch angestiegen

So wenig Verletzte wie lange nicht mehr, aber viel mehr Tote. Die Unfallstatistik des DAV mahnt zu Vorsicht in den Bergen.
von  Paul Nöllke
Die Zahl der tödlichen Bergunfälle ist im Vergleich zum Vorjahr angestiegen. (Symbolbild)
Die Zahl der tödlichen Bergunfälle ist im Vergleich zum Vorjahr angestiegen. (Symbolbild) © imago/Wilhelm Mierendorf

München - Auf den Parkplätzen am Fuße der Berge glänzen die Autos in der Sonne. In den Zügen verstopfen dreckige Mountainbikes die Gänge und auf den Almen stehen die Leute Schlange für Bier und eine Brezn. Es ist August, schönstes Wanderwetter und da wegen der Corona-Krise viele Münchner lieber im Umland Urlaub machen, sind die Alpen voll von Wanderern.

"Die Berge sind dieses Jahr sehr beliebt", sagt Thomas Bucher, Sprecher des Deutschen Alpenvereins (DAV). "Aber in den Bergen können auch Unfälle passieren, es gibt hier keinen doppelten Boden." Das zeigt auch der Blick in die Unfallstatistik des DAV. Vergangenes Jahr gerieten 877 Mitglieder des Alpenvereins in eine Notlage oder hatten einen Unfall. "So wenige, wie seit 20 Jahren nicht mehr", freut sich Stefan Winter, Ressortleiter für Sportentwicklung beim Verein.

Deutlich mehr Todesfälle als im Vorjahr

Doch die Statistik ist nicht nur erfreulich: Denn obwohl die Zahl der Unfälle abnahm, stieg die Zahl der Todesfälle drastisch an. 2019 verunglückten 54 DAV-Mitglieder in den Bergen tödlich, 23 mehr als im Vorjahr. "Insgesamt ist das immer noch ein ganz geringer Anteil", gibt Winter zu bedenken. "Aber das macht es natürlich nicht weniger tragisch." Grund für die tödlichen Unfälle sind nicht - wie in vorherigen Jahren - Lawinenabgänge oder andere Katastrophen, sondern vor allem Stürze und gesundheitliche Probleme. Vielleicht ein Indiz dafür, dass sich öfter auch ungeübte Bergsteiger auf gefährliche Touren gewagt haben.

Dennoch, die Berge sind für die meisten Wanderer sehr sicher. "Ein DAV-Mitglied müsste statistisch gesehen 2.500 Jahre lang konstant wandern, um einem tödlichen Unfall zum Opfer zu fallen", erklärt Stefan Winter. So lange ist sicher keiner in den Bergen unterwegs – trotz des Corona-Ansturms.

Stefan Winter vom Alpenverein. (Archivbild)
Stefan Winter vom Alpenverein. (Archivbild) © DAV

Männer verunglücken doppelt so häufig

Beim Wandern bietet es sich an, eine junge Frau zu sein – zumindest statistisch gesehen. Besonders gefährdet sind in den Bergen nämlich Männer über 60 Jahren. "Das liegt auch daran, dass diese öfter gesundheitliche Probleme wie Kreislaufversagen haben", erklärt Winter. Er empfiehlt daher jedem, der über 40 ist und nicht regelmäßig Sport macht, vor einer großen Wanderung einen Arzt aufzusuchen und sich untersuchen zu lassen. "Viele merken ja gar nicht, dass sie gesundheitliche Probleme haben", so Winter. "Erst auf dem Berg wird das dann problematisch."

Doch auch jüngere Männer verunfallen deutlich öfter als Frauen. Gerade 26- bis 40-Jährige sind bei den Männern eine gefährdete Altersgruppe. "Das liegt auch daran, dass Frauen eher abwiegen und vorsichtiger sind", erklärt Winter. Dadurch verunfallen Frauen nur halb so oft wie die Männer. Die Altersgruppe ab 26 Jahren sei von Unfällen auch deshalb besonders betroffen, weil diese oft auch im Alltag gestresst sind, meint Winter. "Das ist dann Stress und Leistung im Job und Stress und Leistung am Berg." Der Experte empfiehlt jedem, lieber erst einmal langsam mit dem Wandern zu beginnen und die Routen im Vorhinein gut zu planen.

Die Gründe für Unfälle beim Wandern sind vielfältig. Die meisten stürzen oder kommen nicht mehr selber vom Berg (Blockierung). 13 Prozent haben körperliche Probleme, drei Prozent Kreislaufprobleme (1) und drei Prozent sonstige Probleme (2).
Die Gründe für Unfälle beim Wandern sind vielfältig. Die meisten stürzen oder kommen nicht mehr selber vom Berg (Blockierung). 13 Prozent haben körperliche Probleme, drei Prozent Kreislaufprobleme (1) und drei Prozent sonstige Probleme (2). © Visualisierung: DAV/Abendzeitung/pn

Allgemein nimmt die Zahl der schweren Verletzungen und Todesfälle in den Bergen aber bei Frauen und bei Männern stetig ab. Dieses Jahr gab es zwar einen Anstieg der Todesfälle, doch auch dieser ist im allgemeinen Trend kein großer Ausreißer. "Die Berge sind sehr sicher", meint Winter. Er ist auch darauf gespannt, wie sich die Corona-Krise auf die Unfallzahlen auswirkt. "Am Anfang des Lockdowns gab es deutlich weniger Unfälle", sagt Winter. "Inzwischen sind diese Zahlen aber stark gestiegen." Er hofft, dass auch 2020 die Zahl der Unfälle weiter nach unten geht.


So wandern Sie sicher

Wanderer am Wank: Gute Ausrüstung ist wichtig.
Wanderer am Wank: Gute Ausrüstung ist wichtig. © Angelika Warmuth/dpa

Wandern ist eigentlich ein sehr sicherer Sport: Auch das zeigt der Blick in die DAV-Statistik. Damit aber das Risiko eines Unfalls so gering wie möglich gehalten wird, gibt der Alpenverein folgende Tipps:

  • Nur gesund wandern: Wandern ist anstrengend. Gerade bei Älteren kann der Sport Herz und Kreislauf zusetzen. Deshalb Zeitdruck vermeiden und im Zweifel vor der Wanderung ärztlich untersuchen lassen.
     
  • Sorgfältige Planung: Auf Wanderkarten und im Internet über die geplante Strecke informieren und auf den Wetterbericht achten.
     
  • Gute Ausrüstung: Manche Leute gehen mit Gehstöcken, High-Tech-Rucksäcken und teuren technischen Geräten wandern. Das braucht man meist nicht, aber dennoch sollte man gut packen und auf ein gutes Schuhwerk achten.
     
  • Trittsicherheit ist wichtig: Stürze sind die häufigste Unfallursache. Also langsam gehen, auf den Untergrund achten und gefährliche Stellen meiden!
     
  • Auf Wegen bleiben: Lieber keine Abkürzungen nehmen, sonst steigt die Gefahr, sich zu verlaufen.
     
  • Regelmäßige Pausen: Auch ein bisschen die Landschaft genießen. Ausgeruht ist das Wandern auch viel sicherer. Auch genug trinken.
     
  • Auf Kinder achten: Lange Touren sind für Kinder oft nicht geeignet. Wenn die Kinder spielen, nicht aus den Augen verlieren.
     
  • Kleine Gruppen: Lieber in kleinen Gruppen mit vertrauten Menschen laufen. So kann man auch eher Rast machen.
     
  • Respekt für Natur: Keine Abfälle zurücklassen, großen Lärm vermeiden, auf den Wegen bleiben. Auch darauf achten, die Wild- und Weidetiere nicht zu beunruhigen, Pflanzen zu schonen und Schutzgebiete zu respektieren. Zur Anreise lieber öffentliche Verkehrsmittel verwenden oder Fahrgemeinschaften bilden.

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