Die etwas coolere After-Wiesn-Party

Keine Konzerte, dafür Tracht und Musik zum Mitsingen: Auch im Substanz wird gefeiert.
Wenn die Bierzelte schließen, dann kommen sie: zuerst die Pärchen und die Frauen in Tracht. Die Männer mit ihren Rosen am Revers und Bierseligkeit im Blick brauchen meistens ein wenig länger. Zum Schluss finden sogar die australischen Touristen hierher: ins Substanz. Der Club in der Ruppertstraße direkt neben dem Kreisverwaltungsreferat füllt sich. Bis 3 Uhr morgens oder noch länger wird dort gefeiert.
Zufälliger Wiesn-Club
Über der Bar prangt bunt die Heilige Familie, golden-kitschig gerahmt, das Bier gibt es im Plastikbecher. Weiß-blaue Girlanden, Blasmusik oder Brezen sucht man hier - glücklicherweise - vergebens. Das Substanz ist eher zufällig zum After-Wiesn-Club geworden. „Wir sind so nah am Oktoberfest, die Leute haben uns auf dem Heimweg entdeckt. Inzwischen ist das inflationär“, sagt der Inhaber Jürgen Franke. Deshalb stellt er das eigentlich nicht für Massengeschmack bekannte Substanz für zwei Wochen im Jahr dezent auf Wiesn, Menschen in Tracht und Mitsing- Musik um. Rauchen ist wie immer erlaubt: Das kann angesichts der Besucher aus den größten Raucherclubs Bayerns – den Bierzelten – nur von Vorteil sein.
Alle sind glücklich und friedlich
Die Kickertische sind vorübergehend verschwunden. Franke: „Damit die Leute mehr Platz zum Tanzen haben.“ Konzerte, sonst ein Aushängeschild des Ladens, finden während der Wiesnzeit nicht statt. Aber es wird gefeiert und getanzt. Zum Beatles- Song „Love Me Do“ oder „Valerie“ Amy Winehouse liegen sich die Mädels im Dirndl in den Armen, die Pärchen, arrivierte oder gerade erst im Bierzelt neu entstandene, knutschen auf der Tanzfläche. Das Bier ist frisch und kühl, die Songs bekannt: Alle sind glücklich und friedlich.
Das mit der Friedlichkeit ist kein Zufall. Der Türsteher sortiert die aus, die schon zu tief in den Maßkrug geschaut haben. „Die sind nur aggressiv.“ Franke grinst: „Und am Ende brauchen wir dann viele Sägespäne.“ Die Musik ist nur so laut, dass die Gäste sich unterhalten können, ohne schreien zu müssen. Auch ein Faktor, der die einvernehmliche Stimmung unterstützt: „So werden Missverständnisse unter den Gästen vermieden“, erklärt Franke. After-Wiesn im Substanz: friedlich und einen Tick cooler als das übliche Nachgeschunkel in den großen Feiertempeln der Stadt.
Kathrin Aldenhoff