Die CSU im Rathaus: „Wir sind die Premium-Opposition“

Josef „Seppi“ Schmid baut die christsoziale Rathaus-Fraktion inhaltlich neu auf: Im Interview mit der AZ spricht er über neue Akzente in der CSU: Über den offenen Kampf gegen Rechtsextremisten und die Zusammenarbeit mit Münchner Muslimen.
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Josef Schmid, Chef der CSU-Fraktion im Münchner Rathaus. Foto: Martha Schlüter
az Josef Schmid, Chef der CSU-Fraktion im Münchner Rathaus. Foto: Martha Schlüter

MÜNCHEN - Josef „Seppi“ Schmid baut die christsoziale Rathaus-Fraktion inhaltlich neu auf: Im Interview mit der AZ spricht er über neue Akzente in der CSU: Über den offenen Kampf gegen Rechtsextremisten und die Zusammenarbeit mit Münchner Muslimen.

AZ: Herr Schmid, bei der OB-Wahl im März waren 24,4 Prozent für Sie kein berauschendes Ergebnis. Wie haben Sie die derbe Niederlage verarbeitet?

JOSEF SCHMID: Eigentlich relativ gut. Wir hatten das uns Mögliche getan, die Partei stand zusammen wie nie zuvor, und wir haben uns nichts vorzuwerfen. Entscheidend waren Themen, die im Kompetenzbereich des Landes und des Bundes liegen. Das hat sich im September bei der Landtagswahl bestätigt. Daher haben wir die Niederlage mit Fassung getragen.

Schauen wir mit Fassung nach vorne. Was werden für Sie zentrale Themen 2009?

Dass wir uns intensiv mit dem aufkommenden Rechtsradikalismus auseinandersetzen werden. Wir haben den Hitlergruß des BIA-Stadtrats bei der Vereidigung angezeigt, weil diese Provokation eine Straftat ist. Auf der rechtsextremen Seite tut sich etwas. Das tragische Attentat in Passau ist nur ein vorläufiger Gipfel.

Da war die Münchner CSU bisher stiller.

Entschiedener Widerstand gegen Rechtsextremisten

Es ist so, dass sich die CSU in der Vergangenheit schwer getan hat, gegen Rechtsradikale zu protestieren, wenn bei einer Kundgebung gleichzeitig linksextreme Gruppen beteiligt waren. Zukünftig wird die CSU an vorderster Front sein, wenn es gegen rechtsradikale und rechtsextremistische Gruppen geht. Ich halte das für eine wichtige gesellschaftspolitische Aufgabe. Und ich halte den immer brutaler werdenden Rechtsradikalismus für eine Gefährdung der liberalen Stadtgesellschaft. Das wird auf entschiedenen Widerstand der von mir geführten CSU-Stadtratsfraktion treffen.

Das ist neu.

Ja. Aber wir werden weiterhin die fast einzigen sein, die genauso bei Linksextremen hinschauen und jeder Gefahr der Demokratie von links trotzen werden. Im nächsten Jahr werden wir uns aber auch intensiv im Rahmen der Integrationspolitik bemühen, uns für jene Menschen islamischen Glaubens einzusetzen, die eindeutig religiös sind und sich klar von politischer Einflussnahme distanzieren.

Was heißt das konkret?

Ich möchte es noch nicht konkreter sagen.

Das gilt nicht ...

Zusammenarbeit mit unpolitischen Muslimen in München

Ein Beispiel: Was wir derzeit in München und Deutschland erleben, das sind Moscheebauten von der Ditib. Dahinter steht die türkische Religionsbehörde und damit die türkische Politik. Wir hören auch immer wieder Töne und vermeintliche Glaubensinhalte, die mit dem Grundgesetz nicht kompatibel sind. Es gibt aber darüber hinaus die absolut größte Zahl von Moslems, die sich ganz klar grundgesetzkonform verhalten. Mit Vertretern solcher Vereinigungen reden wir derzeit. Es geht darum, Projekte zu unterstützen, die Religionsausübung zum Inhalt haben.

Wie weit geht das?

Wir wollen das klare Signal aussenden: Menschen islamischen Glaubens sind in unserer Gesellschaft willkommen. Die CSU wird sich ganz offen für Einrichtungen einsetzen, die den islamischen Glauben ohne politische Ziele und Einflussnahme fördern, so wie das bei der katholischen und evangelischen Kirche oder bei der jüdischen Gemeinde auch der Fall ist. Wir wollen dazu bald ein Konzept vorlegen.

Gilt das auch für die geplante Moschee in Sendling?

Man muss Moscheen auch architektonisch erkennen können

Da warten wir das Bebauungsplanverfahren ab. Damit aber eines klar ist: Ich habe nichts gegen Gebäude, bei der auch die Architektur erkennen lässt, dass es islamische Gebetshäuser sind. Ich finde die Moschee in Penzberg gelungen. Man muss den richtigen Ort und die richtige Dimension finden und die örtliche Bevölkerung mitnehmen.

Das sind neue Aussichten.

Bisher haben aus der CSU bereits Günther Beckstein und Alois Glück einen intensiven Dialog mit islamischen Gläubigen geführt.

Da nehmen Sie sich viel vor. Doch die auf 23 Stadträte geschrumpfte CSU-Fraktion hat an Schlagkraft verloren.

Das sehe ich überhaupt nicht so. Die sechs neuen Kollegen bringen sich genauso aktiv ein wie die Älteren.

Davon merkt man nichts.

Doch, sogar schon jetzt, obwohl heuer das Jahr der Analyse war. Wir haben den Regierungsparteien Paroli geboten, überall wo es möglich war. Wir sind die Premium-Opposition im Rathaus. Da merken Sie die hochaktive Handschrift aller Kollegen.

Rot-Grün ist müde geworden

Zum Beispiel?

Wir haben uns für die sozialen Belange eingesetzt, für niedrige Gaspreise, aber auch für Wohlfühlthemen wie einen permanenten Stadtstrand, für mehr Förderung der Popmusik, und wir haben auf die großen Versäumnisse der Stadtregierung hingewiesen: Wie den Skandal um die Beraterverträge oder bei der Schrannenhalle, wo wir von der ersten Sekunde an gesagt haben, da läuft etwas schief. Ich sehe richtige Ermüdungserscheinungen bei Rot-Grün.

Wo schläft Rot-Grün?

Als beispielsweise die zukunftsweisende Werkbundsiedlung gestoppt wurde. Rot-Grün hat nicht mehr die Kraft, wenigstens an einer Stelle ein visionäres Architekturmodell durchzusetzen. Oder schauen Sie auf die Verkehrspolitik.

Was fehlt da?

Der Südring muss komplett als Tunnel gebaut werden

Es wird entscheidend sein, dass wir mit der U-Bahn ein Ring-Ergänzungssysteme bekommen. Beispielsweise mit der Verlängerung der U 5 nach Pasing und mit der Verlängerung der U3 nach Moosach und später nach Pasing. Auf diese Weise kann ein Bypass zur S-Bahn entstehen. Schließlich muss der ganze Autobahnsüdring als Tunnel gebaut werden, um die Natur nicht zu beeinträchtigen. Stattdessen wird an alter rot-grüner Ideologie festgehalten.

Beim Kampf für den Erhalt der Liberalität im Englischen Garten haben Sie sich gegen die CSU-Staatsregierung gestellt. Trauen Sie sich das jetzt öfter, auch bei einem Schulminister Ludwig Spaenle, der aus der Münchner CSU kommt?

Herr Spaenle prägt ebenso wie Otmar Bernhard einen neuen Stil und steht mit uns im engen Kontakt. Es ist eine Riesenchance, dass die Schulpolitik der CSU von München aus betrieben wird. Fehlentwicklungen werden wir offen ansprechen.

Was gibt es für Probleme?

Rot-Grün hat den Schulausbau in den letzten Jahren vernachlässigt. Es fehlt an mehr Eingangsklassen, die Schulgebäude sind in einem schlechten Zustand, viele sind überaltert, und es gibt massive Probleme mit Toiletten. Für diese Versäumnisse ist ausschließlich die Stadt verantwortlich, da kann Rot-Grün den Schwarzen Peter nicht woanders hinschieben. Da kommt eine Protestwelle auf die Stadt zu.

CSU funktioniert wieder von unten nach oben

Da planen Sie für 2009 viele Akzentverschiebungen in der CSU.

Eine der großen Akzentverschiebungen im neuen Jahr wird definitiv sein, dass die CSU-Stadtratsfraktion die Interessen Münchens und seiner Bürger ohne Wenn und Aber in den Vordergrund stellt. Die CSU funktioniert wieder von unten nach oben und nicht von oben nach unten. Und das werden wir im neuen Jahr in Reinform zelebrieren.

Interview: Willi Bock

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