Die billigsten Wohnungen Münchens
Für ihre 3-Zimmer-Wohnung in Moosach zahlen die Krasniqis 233 Euro Grundmiete. „Wir haben hier selber gefliest, eine neue Toilette und eine Dusche eingebaut“, sagt der Familienvater.
MÜNCHEN - Luxussanierungen überall. Manchmal fragt man sich schon, wo eigentlich die Menschen mit dem eher kleinen Geldbeutel wohnen. Viele Münchner würden wohl gerne auf die ein oder andere Sonderausstattung verzichten, hätten sie dafür eine günstigere Miete.
Manche haben Glück: zum Beispiel der 28-Jährige Jusuf Krasniqi und seine Familie aus Moosach. Sie sind Mieter einer sogenannten Einfach- oder Sub-Standard-Wohnung der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GWG. Einfachwohnung, das heißt: Wohnen ohne Badezimmer und mit Ofenheizung. Eine Toilette mit Waschbecken gibt es aber schon. Nach zehn Jahren in Augsburg wollte Jusuf Krasniqi unbedingt wieder zurück nach München. Er ist hier aufgewachsen, seine Eltern und Geschwister leben in München.
Endlich muss er auch nicht mehr zur Arbeit pendeln. Die Suche nach einem bezahlbaren Heim für eine Familie mit zwei Kindern war schwierig. "Ich hab gesucht wie ein Wahnsinniger, aber einfach nichts gefunden", sagt Krasniqi mit leicht Münchnerischem Akzent. Er arbeitet bei Karstadt in der Warenannahme, seine Frau als Altenpflegerin auf 400-Euro-Basis. Großverdiener sind sie also nicht.
Nach drei Monaten Wartezeit kam die Zusage für eine Einfachwohnung, die Freude war riesengroß. Ein Nest für Jusuf, Afrodite und die Kinder Edison (8) und Anischa (6). Für die 3-Zimmer-Wohnung mit 53,35 Quadratmetern zahlt der Familienvater 233 Euro Grundmiete. Das sind 4,37 Euro pro Quadratmeter. Dazu kommen Betriebskosten von 190 Euro sowie Kosten für Strom und Gas.
„Wir sind sehr glücklich über diese Wohnung. Das ist irrsinnig günstig“, sagt Krasniqi. Dabei hat er in dieser Nachbarschaft eine der teuersten Wohnungen, aber auch eine der größten. Zwei von Jusufs Geschwistern wohnen ganz in der Nähe. In Augsburg wohnte die Familie auf 180 Quadratmetern. „Wir mussten uns natürlich einschränken“, sagt Krasniqi, „einen großen Teil unserer Möbel haben wir verschenkt.“
Dennoch haben die Krasniqis etwas gemacht aus ihrem kleinen Zuhause. „Als wir hier das erste Mal rein kamen, sah es wüst aus“, sagt Afrodite Krasniqi (28). Der Vormieter hatte jahrelang nicht renoviert und stark geraucht. Das Haus wurde 1943 erbaut, die Wohnung ist eng und verwinkelt. In der kleinen Diele gehen sich schon zwei Erwachsene im Weg um. Mit 2,20 Metern Höhe sind auch die Decken ziemlich niedrig.
Jusuf Krasniqi hat gemeinsam mit seinem besten Freund wochenlang nach Feierabend renoviert und eigentlich alles in der Wohnung neu gemacht. Tapeten abgezogen, Wände neu verputzt und tapeziert, Boden verlegt. „Wir haben hier selber gefliest, eine neue Toilette und eine Dusche eingebaut“ sagt Krasniqi. Richtig modern ist die Wohnung geworden. In der Küche ist eine Wand mit einer lila Tapete mit Blätterranken verziert. In der Mitte steht eine Couch, es gibt eine Essecke und natürlich eine Küchenzeile.
Im Wohnzimmer dominiert eine schwarz weiße Tapete mit barockem Schnörkelmuster. Die schwarze Couch und selbst der Läufer auf dem Tisch sind darauf abgestimmt. Die Vorhänge hat Afrodite selbst genäht. „Neulich war jemand von der Hausverwaltung da, den ich gebeten hatte die Fenster abzudichten. Er hat uns dann gleich auch die alten 50er-Jahre-Türgriffe gegen neue ersetzt, damit sie zur Einrichtung passen“, freut sich Krasniqi. Trotzdem ist es etwas kühl in der Wohnung der jungen Familie. Es gibt keine Heizung. Der Gasofen in der Wohnküche läuft jetzt auf vollen Touren.
Dabei ist noch gar nicht so richtig Winter. Das angrenzende Kinderzimmer wird so einigermaßen mitgeheizt, dennoch schlafen die Kinder im Winter auf der Ausziehcouch in der Küche. Wie damals in Omas guter Stube. Für 30 Euro mehr Miete monatlich könnte die Familie einen zweiten Gasofen bekommen. Krasniqi scheut aber die zusätzlichen Kosten. So wird im Wohnzimmer bei Bedarf mit einem Heizlüfter eingeheizt. Die Eltern nehmen zum Schlafen einfach eine zweite Decke. Es gefällt ihnen hier.
In der Nachbarschaft gibt es viele Spielkameraden für Edison und Anischa. Im Sommer sitzen die Nachbarn oft draußen zusammen. Im Stockwerk über den Krasniqis wohnt eine über 80-Jährige Dame, die regelmäßig auf die Kinder aufpasst. In der Familie nennen sie alle nur „Oma“. Im Gegenzug erledigt Krasniqi Reparaturen für sie. Für die Krasniqis wird ihre Schnäppchen-Wohnung wohl in ein paar Jahren zu klein werden. „Irgendwann brauchen die Kinder dann doch getrennte Zimmer“, sagt Afrodite. An die Wohnungssuche, die dann droht, wollen sie lieber noch gar nicht denken.
3000 „Einfachwohnungen“ gibt es in München
Viele der Häuser wurden in den 30ern erbaut, sind marode – aber stehen noch.
MÜNCHEN - Wohnen wie anno dazumal – ohne Bad und nur mit Ofenheizung. Das kennt mancher noch aus Großmutters Erzählungen. Aber gibt’s sowas heute noch in München? Ja! Etwa bei der Städtischen Wohnungsgesellschaft GWG. Die AZ hat bei Armin Hagen nachgefragt, dem Leiter der Hausbewirtschaftung.
Wie viele Einfachwohnungen gibt es und und in welchen Vierteln?
Die GWG hat als einzige städtische Wohnungsbaugesellschaft noch etwa 3000 Einfachwohnungen in Berg am Laim-Ramersdorf, Harthof, Hasenbergl und Moosach. Sie gehören zu einer aussterbenden Art. Seit 25 Jahren werden diese Wohnanlagen abgerissen. Pro Jahr etwa 200 Wohnungen. In 15 bis 20 Jahren werden dann alle weg sein.<QA0>
Wer interessiert sich für solche spartanischen Wohnungen?
Die Wohnungen sind begehrt. Die GWG hat eine eigene Warteliste dafür. Die Interessenten sind Studenten, aber auch Leute, die den Anspruch auf eine Sozialwohnung knapp verfehlen. Manche wollen auch die Wohnung der Eltern oder Großeltern übernehmen.
Eine Wohnung ohne Bad - wie kann man sich das vorstellen?
Einen kleinen Raum mit Toilette und Waschbecken gibt es. Vielen genügt das. Sie gehen zum Duschen ins Schwimmbad oder zu Bekannten. Viele Mieter behelfen sich selbst. Sie bauen sich selbst eine Dusche ein. Die GWG hat nichts dagegen, sofern die Arbeiten fachmännisch gemacht sind.
Müssen die Mieter also keine Mieterhöhung durch Sanierung oder Modernisierung fürchten?
Nein. Die Häuser wurden in den 30er oder 40er Jahren mit einer Prognose von 30 Jahren gebaut. Jetzt stehen sie schon an die 70 Jahre. Die Bausubstanz ist marode. Reparaturen und Instandhaltungen werden ausgeführt. Mehr zu investieren, wäre bei solchen Objekten nicht lohnend.
Gibt es bei diesen einfachen Objekten Mieterhöhungen?
Ganz regulär kann die GWG die Miete alle drei Jahre um maximal 15 Prozent erhöhen. Der Mietpreis darf aber die ortsübliche Vergleichsmiete nicht überschreiten und muss im Mietspiegel bleiben. Deshalb bleiben die Mieten günstig.
Was passiert mit den Mietern, wenn die Häuser abgerissen werden?
Die Mieter wissen, dass ihre Wohnungen nicht für die Ewigkeit sind. Sie bekommen den Abriss drei bis fünf Jahre im Voraus angekündigt. Zwei Jahre vorher gibt es einen genauen Zeitplan bis zum Auszug. Ein eigenes Team kümmert sich um neue Wohnungen für die Betroffenen. Durch den langen Vorlauf hat das bisher immer gut geklappt.
Einen kleinen Teil der Wohnungen will die GWG erhalten. Dort ist die Bausubstanz so, dass sich eine Modernisierung lohnt. Man will dieses Nischenprodukt des Wohnungsmarktes erhalten. Die Nachfrage ist hoch und wird es wohl auch bleiben.
Was passiert nach dem Abriss mit den Grundstücken?
Die GWG baut dort neue städtische Wohnanlagen, mit einem Mix aus Sozialwohnungen und „normalen“ Wohnungen.
München boomt: Die Mietpreise auch
MÜNCHEN - Die Mieten in München steigen seit Jahren. Ein Ende der Preisspirale ist nicht in Sicht. 2011 sind die Mieten wieder auf Rekordniveau gestiegen. Im ersten Halbjahr 2011 haben die Monatsmieten um 3 Prozent auf im Schnitt 12,10 Euro pro Quadratmeter zugelegt. Dabei gibt es aber große Unterschiede zwischen den Vierteln.
In innerstädtischen Lagen wie dem Glockenbachviertel oder Schwabing wohnt man teuer. Der Quadratmeter kostet 14,50 Euro. Im Münchner Norden ist es günstiger. In Moosach und in Feldmoching-Hasenbergl kostet der Quadratmeter nur 10,45 Euro.
Auch im Osten, in Berg am Laim, Trudering-Riem, kann man eine günstigere Bleibe für rund 11 Euro pro Quadratmeter finden. Im Westen etwa in Allach-Untermenzing und Aubing-Lochhausen-Langwied wohnt man im Schnitt für 10,90 und 10,50 pro Quadratmeter.
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