Die Bier-Krise: Die AZ erklärt, was los ist in der Branche

MÜNCHEN - Der Absatz sinkt, weil die Bayern inzwischen mehr Mineralwasser trinken als Bier. Die Brauer beklagen, dass das Bier viel zu billig ist. Und Mitarbeiter der Spatenbrauerei demonstrieren auf der Straße
Ein paar Euro mehr müssten eigentlichen drin sein: „Bayerisches Bier ist viel zu billig“, sagt Michael Weiß, Präsident des Bayerischen Brauerbundes. 14 Euro müsste ein Tragl mit 20 Halbliter-Flasche kosten, damit sich die Mehrkosten in Zukunft ausgleichen. Derzeit liegt der Preis pro Kasten bei durchschnittlich zwölf Euro für heimisches Bier. Pils-Konkurrenten aus anderen Bundesländern gehen sogar weit unter die 10-Euro-Marke.
Das macht die Preise kaputt - und kappt dem Bayerischen Bier quasi die Leitungen. Denn während in Berlin oder Nordrheinwestfalen der Absatz steigt, krankt die Bier-Branche Bayern seit Jahren. Längst hat das Mineralwasser mit knapp 74 Prozent dem Bier den Charakter des Nationalgetränks abgelaufen, dicht gefolgt von Erfrischungsgetränken und Milch. Kleiner Trost: Auch Wein und Schnaps ist rückläufig. Nach dem Hype der Mini-Biere versuchen die Brauerei nun mit Bier in Schampusflaschen zu punkten.
So liegt der Gesamtabsatz in Bayern 2010 bei 21,6 Millionen Hektoliter Bier – der tiefste Wert seit der Wiedervereinigung. Einziger Lichtblick sind alkoholfreie Biere, die sich von Jahr zu Jahr besser verkaufen. Die Vertreter des Bayerischen Brauerbunds führten gestern vor allem das schlechte Wetter im vergangenen Jahr an. „Wir werden aber am sinkenden Absatz auch so schnell nichts ändern können“, meint Präsident Weiß.
Neben dem Preis-und Absatz-Kampf quälen Münchens Brauer seit gestern auch Warnstreiks ihrer Belegschaft. Mit quer stehenden Lastwagen und Transparente schwenkenden Bierkutschern begann noch vor dem Morgengrauen am Donnerstag der erste Warnstreik der Gewerkschaft Narhung-Genuss-Gaststätten (NGG). Vor der Spaten-Franziskaner-Brauerei hatten sich rund 100 Mitarbeiter des Braugewerbes eingefunden, um gegen sinkende Löhne zu protestieren.
„Wir fürchten, dass es um 150 Euro weniger pro Monat geht“, sagt Hans Hartl von der Gewerkschaft NGG. Konkret geht es um die Kündigung des Rahmentarifvertrags, mittlerweile wird in der dritten Runde über die künftigen Lohn- und Arbeitsbedingungen verhandelt. „Wir gehen auf die Straße wegen einer wesentlichen Verschlechterung für die Arbeiter“, sagt Hartl.
akk